In ihrem Kommentar zur Zukunft der Schule vom 19. August sitzt die Autorin bereits in der Überschrift “Weg mit dieser Schule” dem Trugschluss auf, dass Schule die Gesellschaft verändert. Es ist genau umgekehrt. Die Gesellschaft verändert die Schule, und wenn sich nichts ändert, ist die Mehrheit der Gesellschaft offenbar mit diesem Schulsystem sehr einverstanden. “Zerschlagt das Schulsystem” ist daher eher als Ruf nach einer gesellschaftlichen Revolution zu sehen, als einer revolutionären Neugestaltung des Schulsystems. Und warum auch nicht. Für die Zeit nach einer derartigen Revolution schlage ich vor: Schule ohne Ferien – weil Schule ein Ort ist, an dem es immer was zu lernen gibt. Wer genug gelernt hat, bleibt eine Zeitlang weg. Schule mit Lehrer:innen, die ihren Arbeitstag dort verbringen und mit dem Lehrplan im Hintergrund Tages- Wochen- und Monatskurse anbieten, an denen die Schüler:innen nach Lust und Interesse teilnehmen. Auf unterschiedlichen Niveaus, immer mit Sprachförderung. So können alle – und das schlägt die Autorin des Kommentars auch vor – gemeinsam zur Schule gehen. Fächer würden sich Themen unterordnen. Noten kann es da keine geben, sie würden bestehende Verhältnisse zementieren, es würde geschummelt werden. Feedback von vorbildlichen Lehrer:innen würde die Noten ersetzen. Schulen, die auch als Wohnräume gestaltet sind, würden es allen Beteiligten erleichtern, gerne dort zu sein. Das zu erreichen ginge nun auch ohne die im Kommentar vorgeschlagene Notbremse. Im bestehenden Schulsystem haben engagierte Teams sehr wohl sehr viel Gestaltungs- und Entwicklungsspielraum.
Lothar Bodingbauer ist Wissensvermittler via Radio, Podcast und Unterricht, er unterrichtet Physik und Mathematik am Abendgymnasium Wien. https://www.sprechkontakt.at