Manuskript
SIGNATION “Wort der Woche”
Der Hausarrest verbindet etwas Angenehmes – das Haus – mit etwas Unangenehmen – dem Arrest. Arrest, entstanden das Wort aus dem lateinischen restare – zurückbleiben, stillstehen; wir kennen auch arretieren, und das bedeutet: blockieren. Man wird zuhause blockiert. Das kennen einige von uns vielleicht aus den 1950er- und 60-er Jahren, wo das oft angewendet wurde, wenn Kinder etwas angestellt hatten. Keine Freunde treffen. Kein Badenfahren. “Ist das erlaubt”, fragen offenbar viele Kinder Google. Und die Antwort ist, ja, leider. Aber: einsperren dürfen die Eltern die Kinder dabei nicht, das wäre Freiheitsberaubung. Man kann die Kinder auch nicht der Schulpflicht entziehen. Langer Hausarrest gilt aber als eine sehr schwere Form der Strafe. Häufig wird auch Computer- oder Fernsehbenützung verboten. Wer übertreibt, gefährdet das Kindeswohl, und das ist sehr wohl verboten.
Galileo Galilei wurde 1633 bis 1642 von der Inquisition unter Hausarrest gestellt, weil er die Sonne in den Mittelpunkt rückte. Das waren Vergehen. 9 Jahre dauerte dieser Hausarrest, der, so muss man sagen, nur durch Galileos Tod beendet wurden.
International gibt es viele Beispiele von Menschen, die zuhause festgesetzt werden oder wurden.
In Österreich aber ist Hausarrest im öffentlichen Recht durchaus ein geordneter Teil des Strafvollzugs. Seit 2010. Denn wer zuhause ist, hat Struktur. Er muss eine Arbeit haben.
OT “Anstatt dass man in Haft ist, ist man im eigenen Zuhause und hat dann nur ganz bestimmte Zeiten, wo man die Unterkunft verlassen darf.”
Miriam Zillner ist leitende Sozialarbeiterin im Verein Neustart, einer Organisation für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit. Haftstrafen bis zu 12 Monaten dürfen in Österreich in Hausarrest umgewandelt werden. Im Durchschnitt sind es 3 Monate.
OT “Es gibt Sonderzeiten wo man die Unterkunft verlassen darf. Man braucht eine Beschäftigung, eine Tagesstruktur, da darf man die Unterkunft verlassen. Und für Einkauf, Arztbesuche. Und Behördentermine.”
Das Gefängnis zuhause ist ein Gefängnis im Kopf, sagt Miriam Zillner und berichtet von einem der ersten Häftlinge, der 2010 in den Hausarrest durfte.
OT “Man ist eingesperrt, und er hat gesagt, nach ein paar Wochen hat er diese Fußfesseln nicht mehr gesehen, sondern er hatte das Gefängnis im Kopf sozusagen, weil er eben nicht raus darf aus der eigenen Wohnung.”
Miriam Zillner berichtet von durchwegs positiven Erfahrungen. Die Betreuung ist das Um- und Auf. Man ist beim behördlich angeordneten Hausarrest mit elektronischer Überwachung nicht einfach nur zu Hause.
OT “Es bringt aus unserer Sicht, aus unserer Erfahrung, dass die Personen, die die Haft auf diese Art verbüssen, dass Resozialisierung nicht notwendig ist, weil sie nie die Unterkunft und die Arbeit verlieren und so nie aus dem Umfeld herausgerissen werden und dadurch auch der Einstieg nicht wieder notwendig ist. Der zweite Grund ist, dass es eine extreme Voraussetzung an Struktur braucht. Die Personen müssen den ganzen Tagesablauf selbst strukturieren, haben da so etwas wie einen Wochenplan und müssen den einhalten. Und immer früh aufstehen, um in die Arbeit zu gehen zum Beispiel. Viele Personen haben das davor nie geschafft. Und das war dann oft das erste Mal, dass sie das über einen längeren Zeitraum geschafft haben.
Strafen haben in unserer Gesellschaft eine Wandlung erlebt. Prügelstrafen wurden abgeschafft. In den 1970er Jahren prägte der ehemalige Justizminister Christian Broda den Begriff der „Gefängnislosen Gesellschaft“. Das Gefängnis aber gibt es nach wie vor. Es gibt hier den Begriff “Haftübel” das verspürt werden soll. Haftübel als Konsequenz eines strafrechtlich relevanten Verhaltens in der Vergangenheit. – Hausarrest unter kontrollierten Bedingungen, sagt Miriam Zillner vom Verein Neustart, das ist moderner Strafvollzug.
OT “Dadurch dass die Personen eben nicht aus dem Umfeld herausgerissen werden, den Job nicht verlieren und die Wohnung nicht verlieren nämlich auch aus Sicht der Rückfallgefahr, ohne Arbeit und ohne Einkommen ohne Wohnen hat man eine höhere Rückfallgefahr, das sagen auch zahlreiche Studien und dadurch dass dieser Verlust nicht passiert, dass eben die Arbeit bleibt und auch bleiben muss, weil sonst verlieren sie den elektronisch überwachten Hausarrest, ist das ein großer Vorteil aus unserer Sicht, dass der elektronisch überwachte Hausarrest angewendet werden kann.”