Öfter mal still sein
Nicht jede Frage braucht eine zweite Frage, die das selbe sagt.
Nicht so gut:
Schon besser:
Nicht jede Frage braucht eine zweite Frage, die das selbe sagt.
Nicht so gut:
Schon besser:
NPR-Training hat einen kleinen, feinen Artikel geschrieben, was alles zu beachten ist, bevor man ein Radiointerview beginnt. Hier ist meine österreichische Version davon, basierend auf der Struktur des englischsprachigen Artikels von Rob Rosenthal.
Du kennst die/den Interviewpartner/in, hast einen Termin vereinbart, weißt, worüber du mit ihr/ihm sprechen möchtest.
Du schätzt die Heißheit ein. Geht es um ein “Sachkundethema” (1), eine Expertiste (2), eine Einschätzung (3), eine Stellungnahme (4), eine kritische Position (5), eine umstrittene Person mit umstrittener Meinung (6).
Du schätzt die Verwertbarkeit der Antworten ein. Handwerker/in, Wissenschaftler/in, Mensch mit speziellen Kenntnissen (+++/easy), Menschen, die viele Konzepte schreiben (++/schwierig), Pressesprecher/innen (+/Risiko).
Du hast zumindest den Wikipedia-Artikel über das Thema gelesen. Du weißt, an welchen Aspekten des Themas dein/e Interviewpartner/in arbeitet.
Du schreibst dir einige Punkte auf, die du im Interview besprechen möchtest.
Du hast dein Mikrofon und Aufnahmegerät bereit, Fell-Windschutz für Außenaufnahmen dabei. Ersatzbatterien. Kopfhörer. Kleines Ersatzaufnahmegerät. Du probierst alles zuhause aus und packst es dann erst ein.
Bei der Hinfahrt überlegst du dir die erste Frage. Und die zweite Frage.
Ja, es ist manchmal gut, das Mikrofon schon vor der Ankunft einzuschalten. Man sollte das auch vorher ankündigen. Aber man kann schon mal das Läuten an der Tür und das anschließende Bellen des Hundes aufnehmen, das Surren des Türverschlusses, ohne vorher groß gefragt zu haben. Geräusche gehören zum Leben.
Nach dem Interview überlegst du, was davon einzigartig war. Das möchtest du in deiner Geschichte weitergeben. Das kann ein Aspekt des Inhalts sein, aber auch eine Erzählweise.
Bei Vielkonzeptschreiber/innen und PR-Profis rechne damit, oft “was heißt das konkret” zu fragen. Oder die “habe ich Sie richtig verstanden – und dann das falsche Sagen”-Methode anzuwenden. Was dann als Antwort kommt, kannst du meist verwenden.
Nach Ankunft am Aufnahmeort ist es üblich und ratsam, ein wenig zu plaudern. Man kann dabei die Kabel einstecken. Je nach Zeit, Lust und Professionalität des Gegenübers wird man mehr oder weniger Smalltalk führen.
Jetzt musst du die Akustik beurteilen. It’s the law.
1. Du klatscht in die Hände. Wenn es knallt und hallt: schlecht. Raum wechseln.
2. Du schnalzt mit der Zunge. Wenn es knallt und hallt, schlecht. Position im Raum wechseln.
3. Rauscht etwas? Ausschalten. Darum bitten.
4. Andere – unvorhersehbaren – Geräusche sind genauso oft gut, so oft sie schlecht sein können. Eher im Moment entscheiden.
Ach ja, die Kopfhörer. Ja, es stimmt, wie NPR es formuliert. It’s the law. Du musst hören, was auf das Band kommt. Das Rumnörgeln am Mikrofon, das Knarren des Kabels, das Ploppen der P´s in den Antworten. Und genauso steht es im Gesetz, nie, absolut nie, die Pausetaste zu drücken. Aufnahme oder Stopp.
Sessel zur/zum Gesprächspartner/in rücken. Kein Tisch dazwischen.
Erste Frage: Sprechprobe. Bitte die/den Interviewpartner sich kurz vorzustellen. “Wenn Sie sich vielleicht kurz vorstellen könnten, wie Sie heißen, und was Sie machen”.
Du kannst dabei dein Aufnahmegerät einstellen, hast die Aussprache des Namens, weißt die Tätigkeit, und wenn es schön ist, kannst du es in deiner Radiogeschichte verwenden.
Jetzt hörst du dir das kurz an, was du aufgenommen hast. Um sicher zu sein, dass alles funktioniert.
Noch einmal: Aufnahme drücken. Jetzt kannst du selbst erzählen, was du bisher schon zum Thema gelernt hast. Wenn du das möchtest.
Und sonst findet jetzt das Interview statt. Was ins Mikrofon gesprochen wird, kann gesendet werden, außer es wurde vorher etwas anderes vereinbart, was üblicherweise nicht der Fall ist (erst ab Heißheit Stufe 5-6). Lehne es ab, den Beitrag vor Ausstrahlung zur Überprüfung anhören zu lassen. Das ist ablauftechnisch fast unmöglich. Wer zu einem Interview bereit ist, muss mit den Folgen leben. Außer es ist Bedingung für das Interview, und du möchtest nicht verzichten – ich würde dann aber eher auf das Interview verzichten, als diesen Einfluss zu gewähren.
Unterbrechungen im Interview durch andere kann man in die Geschichte einbauen, daher er nicht auf Stopp drücken, sondern weiterlaufen lassen.
Natürlich arbeitest du sauber, respektierst den Kontext, schneidest keinen Mist. Aber du bist den Hörer/innen verpflichtet, nicht den Interviewpartner/innen.
Im Idealfall machst du eine Geschichte, die die/der Interviewpartner/in auch im Kreise ihrer/seiner Familie hören kann, ohne das Gesicht zu verlieren – im Gegenteil.
Fast fertig. Zum Schluss nimmst du noch 1 Minute Pflichtatmo auf. Stille/Geräusche am Ort, mit den selben Einstellungen, mit der selben Mikrofonhaltung.
Mit 20 Kindern lernen, wie Radiobeiträge entstehen. Einen Tag lang. Der Kurs begann, dass ich meinen Büro-Sack ausräumte. Dort war alles drin, was ein Radiojournalist braucht. Inclusive Getränk und car2go Karte. Mit einer Skype-Schaltung haben wir später auch einen Bademeister interviewt. Die Fragen hält der Junge links. Und draußen war das freundliche Mikrofon immer mit dabei. Link zur Kinderuni Hagenberg.
Ansteckmikrofone mit Funkübertragung sind für Beitragsgestalter/innen eine Nummer zu groß, obwohl sie für Außenaufnahmen praktisch wären. Billige Lösungen waren nie professionell genug, die Aufnahmen durch hohes Rauschen und schlechte Aufnahmegerät (Kloklang) waren bisher nicht brauchbar.
So ein Ansteckmikro wäre aber fein. Man ist ja an den Worten des Interviewpartners interessiert, und während er in der Wildnis herum geht, wäre so ein Mikro immer dabei. Die eigenen Zwischenfragen kommen ja eh nicht rein in den Beitrag.
Jetzt gibt es also so eine verwendbare Lösung von Røde: ein Lavaliermikrofon, das sich an der Grenze zu professionellen und radiotauglichen Aufnahmen bewegt. Ob dies- oder jenseits der Grenze, das habe ich versucht, herauszufinden. Bei einem Spaziergang mit der Au. Einmal ohne Nachbearbeitung, und danach mit Audiobearbeitung durch Auphonic. Man kann in den Kapitelmarken springen.
Praktisch: Das Mikro steckt am iPhone, das man dem Interviewpartner in die Tasche gibt. Man kann mit jeder Aufnahme-App vom iPhone aufnehmen. Die von Røde ist gut, kostet ein bisschen, und überträgt die Resultate auf ftp-Server oder Dropbox.
Fazit: Ich glaube, dass man die Aufnahmen für OT’s im Qualitätsradio verwenden kann, als Ergänzung, wenn es die Siuation erfordert. Das werde ich demnächst auch in einem Beitrag ausprobieren. Ich würde aber keine ganze Sendung damit machen.
Link zu Røde: Auswahltool für verschiedene Mikrofone
00:00:00 Erwachsener beim Au-Spaziergang
00:05:20 Kind beim Au-Spaziergang
00:08:55 Begegnung mehrerer Menschen
00:09:39 Ankündigung “jetzt mit Auphonic”
00:10:05 Erwachsener mit Auphponic Rauschunterdrückung und Levelling
00:15:30 Kind mit Auphponic Rauschunterdrückung und Levelling
00:19:42 Verabschiedung mit Vogel – ohne Auphonic
Als Radiojournalist reise ich mit offenen Ohren durch die Landschaft.
Nicht jedes Geräusch ist interessant und für eine Sendung zu gebrauchen. Aber immer wieder finde ich sie. Ganz besondere Geräusche, die unverwechselbar sind für diesen oder jenen Ort.
Drüben auf https://www.sprechkontakt.at/atmosderwelt/ habe ich einen Podcast dafür eingerichtet. Maximal 2 Minuten pro Folge.
Warum hat diese Website diesen Namen? Kein besonderer Grund, die Domain hatte ich nur mal registriert, weil sie eine der wenigen österreichischen mit vier Buchstaben und leicht auszusprechen ist. Und Atmo ist die in der Radiosprache übliche Abkürzung für Atmosphäre – für Geräusch, im Gegensatz zu OT, dem Originalton, dem Ausschnitt aus einem Interview.
Übrigens: Nehmen Sie sich die Töne mit, wenn Sie möchten. Sie können sie gerne für eigene Projekte verwenden.
Wenn Sie selbst ein besonders schönes Geräusch haben, das Sie in diesem Podcast sehen hören wollen, machen Sie doch mit und schicken Sie’s rüber, wenn Sie wollen.
Welche Bestimmungen gelten für Journalisten? Was muss ich als Radiojournalist beachten? Was darf ich – und was darf ich nicht?
Das Grundrecht auf Pressefreiheit wird in
Meine erste Radiosendung war ein Beitrag für die Reisesendung Ambiente im ORF Programm Österreich 1. Mittlerweile sind schon viele Jahre vergangen und ich frage mich nach wie vor, was eigentlich genau in einer Reisesendung sein soll, und was nicht. Regeln habe ich keine, aber Gedanken schon.
1) Kein Beitrag über eine Stadt fängt mit einer Verkehrs-Atmo an. Es kracht genug. Verbrennungsmotoren haben als kennzeichnendes Geräusch nichts verloren.
2) Was ist ihr schönster Platz in dieser Gegend? Das ist keine gute Frage an einen Bewohner. Besser: Welche Stellen haben Sie in dieser Gegend gerne? Der Hörer soll entscheiden, ob das die schönsten Plätze sind. Oft ist wenig Zeit für Recherchen, mit der Frage nach dem Besten/Schnellsten/Großartigsten kommt nichts Gescheites raus. Das hört man nicht, aber man spürt es beim Hören.
3) Nicht einen Reiseleiter aufnehmen. Bei einem Rundgang mit anderen Touristen. Nicht. Nie.
4) In einem Museum kann man ruhig mit Mitarbeitern sprechen, über ihre Arbeit, ihren Zugang. Man erfährt dann oft etwas über den Inhalt des Museums. Es ist aber nicht so nett, den Inhalt des Museums vom Mitarbeiter zu erfahren. Das kann man als Tourist nach dem Hören der Sendung aus Lust am Reisen selber tun.
5) Es hilft schon, nicht beim ersten Mal an einem Ort eine Sendung darüber zu machen, sondern erst einmal ohne Mikrofon einfach nur Augen und Ohren offen zu halten, um zu “spüren”, was die Gegend ausmacht.
6) Kein “wir” oder “ich”. Warum sollte sich der Hörer für “uns” oder “mich” interessieren?
Link: WRINT – Holger Klein spricht mit Frau Diener von der FAZ über Reisejournalismus
Technische Bemerkungen – welche Hardware brauche ich für Radioaufnahmen?
Tipp: Erst einkaufen, wenn man mit einem Radiobeitrag auch Geld verdient. Man kann sich die Geräte auch ausleihen, wenn man einen konkreten Beitrag plant bzw. vereinbart hat. Wer aber gerne mit Aufnahmegerät und Mikro auf Urlaub fährt, statt mit einem Fotoapparat, dann kann dadurch natürlich einen Gleich-Kauf gut argumentieren! Link: Aufnahmebeispiel aus Schottland.
Welches Aufnahmegerät ist empfehlenswert?
Kassette, DAT, MiniDisk ist vorbei. Heute nimmt man auf Speicherkarten auf, was den Vorteil hat, dass die gesammelten Töne mit USB Kabel direkt als Daten auf den Computer übertragen werden können. Wichtig ist ein ordentlicher Mikrofonstecker (XLR, Klinke), der sich nicht ausnörgelt, sowie eine manuelle Aussteuerungsmöglichkeit. Mein Aufnahmegerät ist ein Zoom F8 Field Recorder, braucht wenig Batterien und kann auch Podcast Aufnahmen mit bis zu 8 Mikroeingängen machen.
Welches Mikrofon ist empfehlenswert?
Eine gute Wahl schlägt sich spürbar in einer guten Tonqualität nieder. Vermutlich ab 100-200 Euro wird ein gutes Mikrofon kosten. Ob Mono, oder Stereo kommt darauf an, ob man Interviews aufzeichnet (Mono) oder viel mit Geräuschen arbeitet (Stereo). Wichtig ist ein weiches Mikrofonkabel, mit einem harten gibt es schnell Nebengeräusche. Beispiele finden sich hier. Meines ist ein AKG 1000S (Mono), und ein Beyerdynamic MCE82 (Stereo). Ich verwende beide mit einem sympathischen Rycote Windschutz draußen vermeidet Windgeräusche.
Neuester Zugang: Yellowtec iXm Mikrofon mit Beyerdynamics Kapsel mit Nierencharakteristik, das das Aufnahmegerät digital eingebaut hat. Mono. Das heißeste Ding auf Erden. Gekauft bei Studer in Wien. Link zum Mic.
In welchem Format wird aufgezeichnet?
Idealerweise als verlustfreies WAV File. Etwas mehr als eine Stunde Stereo passen auf 1 GB Speicherkarte. Wenn der Speicherplatz knapp wird, kann man auch als MP3 (128, 44100) aufzeichnen, hat plötzlich 17 Stunden Speicherplatz, ist annähernd genau so gut, hat aber ein leicht höheres Rauschen.
Das soll man sich alles kaufen?
Erst wenn man damit Geld verdient, oder statt einem Fotoapparat einfach grundsätzlich gerne mit einem Tonaufnahmegerät auf Reisen geht. Hier ist ein Beispiel für so ein “Audiofoto”.
Welches Schneideprogramm ist empfehlenswert?
Das ist mehr eine Frage des Geschmacks, da eigentlich alle Schneideprogramme die einfachen Schnittmöglichkeiten haben, die man für Radiosendungen braucht. Kostenlos ist Audacity, ich habe auf meinem Mac Book mit ProTools, gearbeitet, bin aber auf Hindenburg umgestiegen; der ORF arbeitet überall mit DIGAS, einige Leute arbeiten mit Adobe Audition, in die Podcast-Richtung geht Reaper/Ultraschall. Mit allen diesen Programmen lassen sich mehrere Audiofiles in mehreren Spuren auch zu komplexeren Beiträgen arrangieren. Aber mein Renner für *Radio*beiträge ist Hindenburg Journalist, ca. 85 Euro. Großartig. Macht genau was man braucht: schneiden, Clips speichern, arrangieren, Level automatisch, Blenden machbar. Empfehlung.
Wird viel geschnitten?
Für Radio schon. Zum Beispiel 76 Schnitte auf 4:20 min. in diesem Hörbeispiel: Link, mp3
Fehlt noch ein Ton?
Den kann man sich hier kostenlos ausborgen. www.freesound.org. Einige beiläufig aufgenommene Atmos von mir sind hier zu finden: www.freesound.org/people/vollkornbrot
Die Form: Wie sieht ein Manuskript aus?
Es gibt wahrscheinlich so viele Manuskriptformen, wie es Gestalter gibt. Man schreibt ein Manuskript einfach so, dass man sich auskennt, wenn man es liest. Wenn es ein Unbeteiligter liest.
Ein Manuskript ist natürlich mehr als der bloße Text, den man vor dem Mikro vorliest. Es beinhaltet Regieanweisweisungen ebenso wie die zu spielenden Originaltöne (OTs) und Geräusche (Atmos). Hier ist ein Beispiel für ein Manuskript. Die Sendung dazu kann man hier hören.
Fehlt noch ein Ton?
Den kann man sich hier kostenlos ausborgen. www.freesound.org
Einige meiner schönen Atmos sind dort zu finden: www.freesound.org/people/vollkornbrot
Gibt es noch ein paar Tipps für die Beitragsgestaltung?
Ja. Erste Ideen für Umsetzungen sind das was sie sind: erste Ideen. Die zweiten und dritten Ideen sind dann interessant.
Beispiel: Beitrag spielt in der Schule. Ich bräuchte ein Geräusch, das nach Schule klingt. Erste Idee: Schulklingel. Weg damit. Zweit und dritte Idee? Her damit.