Ö1 Moment – Leben heute am 30.08.2021: Randnotizen
Manuskript
Einmoderationsvorschlag: Lothar Bodingbauer hat sich nun Entgegnungen, Beleidigungen und Gefühle näher angesehen.
SIGNATION “Randnotizen”
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht mit den Emojis, mit diesen kleinen Symbolen, die man an Kurznachrichten anhängen kann, um seine Gefühle zu zeigen. Ich finde sie gut. Ich schreibe etwas, und kann dann noch in der Feinabstimmung ein wenig sagen, ob das Ganze ironisch gemeint war, mit einem zwinkernden Smiley. Oder ganz und gar freundlich und erfreut geschrieben von mir, mit einem lachenden Smiley. Es gibt Zielscheiben, damit weiß man, oder kann dann zeigen, dass man den Punkt getroffen haben möchte, oder es gibt vielleicht eine Medaille, usw. und so fort.
Warum finde ich das gut? Weil es einfach abgegangen ist, seine Gefühle zu zeigen, bei Nachrichten. Ich komme aus einer Familie, wo der Großvater Nationalsozialist war, und als Nazi hat er zumindest in meiner Erziehung nie Gefühle gezeigt, oder ausgesprochen, und deswegen finde ich es sehr wohltuend, wenn man es kann. Ich frage mich dann oft, wenn ich diese Hinterlassenschaften meines Großvaters sehe, diese Zettel, die er geschrieben hat, oder Tagebucheinträge, welche Smileys, oder welche Emojis hätte er verwendet. Was wären das für Gefühle gewesen, die zu diesen Inhalten, zu dieser Kriegszeit gepasst hätten. Und – ja, da fällt mir nichts dazu ein.
TRENNER
Aber: Es gibt ja vor den Emojis, vor den Smileys noch etwas anderes, und diese Elemente finden wir in unserer Sprache nach wie vor. Es sind die Entgegnungen. Wenn jemand etwas sagt. Dann antwortet man nicht unbedingt mit Inhalt, also weiteren Erzählungen, weiteren Beschreibungen, sondern man entgegnet oft mit einem Wort zum Beispiel. Einem Satz, einem kurzen. Der eigentlich nur eine Kontaktaufnahme ist und eigentlich ein gesprochenes Emoji.
Stell dir vor. Na geh. Bist du deppert. Wirklich? Echt? Nein, sowas. Oida. Was du nicht sagst. Ach so. Natürlich. Geil, cool, wie cool ist das denn, sicher, oh, wow, siehste. Eindeutig. Ich weiß genau, was du meinst.
Diese Entgegnungen kann man in jedem Gespräch hören, wenn man sich darauf konzentriert, und wer sie nicht hat, wirkt dumm.
Also ich zum Beispiel, in Spanisch. Ich lerne gerade Spanisch und habe diese Entgegnungen noch nicht drauf, und wenn sich die Leute unterhalten, dann schaue ich sie an, wenn sie was sagen, und kann eigentlich nichts darauf sagen. Das heißt, ich glaube, dass es wirklich günstig ist, diese Entgegnungen in einer Sprache wirklich schnell zu lernen. Und ich denke da an Schülerinnen und Schüler in einer Schule aus einer anderen Sprachherkunft kommen und ihre Lehrerinnen und Lehrer anschauen. Und sie wirken, ja, wenn sie diese Entgegnungen noch nicht gelernt haben … Sie wissen was ich meine. Und das ist ein Missverständnis. Eindeutig. Ich weiß genau, was du meinst.
TRENNER
Schimpfwörter, dafür gibt es eigentlich auch keine Emojis. Arschloch. Wie würde man das grafisch bebildern. Wir haben uns vor kurzem, mit Freunden, darüber unterhalten, warum eigentlich “du Sau” etwas Schlimmes ist. Und wir konnten es eigentlich vom Wesen her, vom Objekt, vom Schwein nicht ableiten. Oder eben beim Arschloch. Der Arsch, also ja, gut, die Sprache, der Hintern, und ein Loch. Beides für sich eigentlich nicht wirklich problematisch. Was wäre dann bei besagtem Schimpfwort schlecht? Am Abend ist es mir aber eingefallen. Es ist nicht das, was beschrieben wird, sondern das was vor sich geht, der Prozess. Was kommt denn durch das genannte Schimpfwort durch. Und wir sollten das nicht weiter ausführen. Aber das ist das Beleidigende an diesem Wort, der Prozess. Und der wird halt ignoriert. Den sieht man nicht bei einer Abbildung, bei einem Wort. Also diese Dinge, die passieren.
Und wenn wir in den letzten Jahren gelernt haben, mit Emojis, mit diesen grafischen Symbolen von Gefühlen umzugehen, wäre es dann noch interessant, das Mitgefühl auch zu beschreiben. Wenn man genau sucht in dieser Liste der grafischen Symbole, die bereits vorgeschlagen werden, gibt es bereits eins, das ist ein Smiley, und Arme, und diese Arme umarmen ein Herz. Man fühlt sich gedrückt. kein Zustand ein Prozess, ein Vorgang. Und Mitgefühl ist etwas, was wir ja in diesen Tagen wirklich brauchen. Also: fühlen Sie sich als Hörerinnen und Hörer hier mal gedrückt.