327. Pflanzensammlungen

Sammeln, zeigen, schützen, kultivieren.

Friedrich Schwarz vom Botanischen Garten Linz spricht über die Bedeutung von Pflanzensammlungen.
Gestaltung: Lothar Bodingbauer

Botanische Gärten vereinen weltweit mehrere Ebenen der Funktion. Für Besucher/innen sind es Orte der Erholung, Entspannung und Weiterbildung. In den Sammlungen wird die Vielfalt der Flora gezeigt, und in thematisch spezialisierten Ausstellungen wird der Fokus auf besondere Aspekte gelegt.

Es gibt dazu immer auch ein wissenschaftliches Interesse für die lebendigen Objekte der Sammlungen – seien es Kakteen, Orchideen, Rosen oder Bäume. Die vielen Objekte – Arten – werden am Leben erhalten, sie werden über Samen und Stecklinge vermehrt, sie werden aber auch über ein weltweites Netzwerk botanischer Gärten ausgetauscht.

Viele Objekte stammen aus einer Zeit, da es noch Expeditionen in andere Länder gab, Sammlungsfahrten, bei denen pflanzliches Material “nach Hause” gebracht wurde. Doch diese Zeit ist vorbei. Es gibt strenge Auflagen, weder Pflanzen noch Samen noch das Wissen über sie einfach außer Landes zu bringen.

GESPRÄCHSPARTNER:

Dr. Friedrich Schwarz
Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Stadtgrün und Straßenbetreuung
Abteilungsleiter Botanischer Garten und Naturkundliche Station


Teil 1: Netzwerke des Austauschs (mp3)


Teil 2: Anzucht und Beschriftung (mp3)


Teil 3: Beschränkungen bei der Einfuhr (mp3)


Teil 4: Gewächse hinter den Kulissen (mp3)


Teil 5: Management des Wissens (mp3)


Wie man mit Studiolink fürs Radio aufnimmt

Ich habe in diesem Video aus Radiomacher:innen-Sicht zusammengestellt, wie man mit Studiolink arbeitet. Hintergrund: Beim Radio sind wir immer eine Spur gewöhnt, wo alles drauf ist. Und wir haben keine Erfahrung, wie man außerhalb des Biotops an Studioleitungen arbeitet. Ich hoffe, es sind nicht allzu viele Fehler in dem Video - aber es ist sicher auch interessant für Leute, die noch gar keine Ahnung haben, wie Studiolink funktioniert, und was man braucht. Am Anfang ist auch ein Stück Demo dabei, wir man mit drei Spuren auf Ultraschall schneidet - nämlich vor allem, wozu man das gerne will.

Link zum Video

326. Von der Gegenwart

Wie viel Vergangenheit begegnet Ihnen in der Gegenwart und was bedeutet das für die Zukunft? Über die Zeitformen.

In der Gegenwart sollst du leben. Sagen angeblich die Buddhisten. Und die Leute vom Online-Yoga. Ich höre da immer zu, im Halbschlaf, wenn meine Lebensgefährtin ihre Morgenübungen macht. Ist sie fertig, bin ich ausgeschlafen. Lebe den Moment. So kann es losgehen.

Bemüh dich um das Paradies, sagen die Andersgläubigen hingegen. Und das liegt vor dir – mehr oder weniger weit in der Zukunft. Auch ein Konzept, ich kenn das von der Sonntagsmesse.

Alles nichts, wir schwören auf die Vergangenheit, sagen die Ewiggestrigen. Und es ist nicht so klar, was an den zerbombten Resultaten so schön war, dass man sie wieder haben wollte. Aber solche Leute reden ja über die Zukunft. Gut, das taten die damals auch.

3 Sekunden dauert für uns das „jetzt“, das weiss die Wissenschaft. Drei Sekunden, die wir als Mensch als „jetzt“ erleben. Geräusche spielen sich üblicherweise in diesen drei Sekunden ab. Da baucht man schon ein bisschen Erinnerung, weil sie so schnell verschwinden. Es ist ein hübsches Wechselspiel dieser 3 Sekunden Gegenwart, finde ich, mit dem was war, und dem was wird. Erinnerungen versus Ideen, und warum ich das alles erzähle, weil ich gerade eine neue Sprache lerne, Spanisch.

So kannst du die Welt ganz neu entdecken. Stück für Stück eignet man sich die Begriffe an, zuerst für die Dinge. Personen, die Länder, dann für die Mengen. Für den Besitz. Für Gefühle, Geschmäcker, Farben und Zahlen. Es ist eine neu beschriebene Welt, die hier entsteht. Die wiederersteht eigentlich. Mit neuer Sprache. Dazu kommen die Verben. Zuerst in der Gegenwart. Ich gehe zur Universität. Ich esse den Apfel. Mein Sohn trinkt die Milch. Da glaubt man dann, das war’s dann schon. Jetzt kann ich Spanisch. Aber dann: voy a comer. Ich werde essen. Die Zukunft geht auf. Ab jetzt gibt es eine Möglichkeit, mit der man beschreiben kann, was sein wird. Unfassbar, wer sich das einfallen hat lassen. Großartig. Heute schon von morgen sprechen. Das kann was. Und mehr braucht es nicht, könnte man auch hier wieder meinen. Da kommt der Spanischlehrer Antonio, der Bilder malt - besonders gern in rot - und er sagt: zwei Formen der Vergangenheit wären als Nächstes dran.

Langeweile breitet sich aus. Wer würde über das sprechen wollen, was war? Ich war einkaufen. Ja eh. Und? Ich habe mir gedacht, dass – natürlich, aber was denkst du jetzt? Ich kaufte die Äpfel. Hier sind sie, ich sehe sie.

Warum sollte ich über die Vergangenheit reden, wenn ich lebensmäßig da bin, hier, und lebenstechnisch ohnehin nur in die Zukunft gehe? Auf der anderen Seite: hast du das Bügeleisen ausgeschaltet - eine abgeschlossene Handlung in der Vergangenheit mit Konsequenzen für jetzt, und sicher auch später.

So klar ist es also doch nicht, wie viel Vergangenheit sinnvoll ist für die Gegenwart und Zukunft. Abschaffen sollte man die Vergangenheit wohl nicht.

TRENNER

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie das folgende Geräusch schon einmal gehört haben. (GERÄUSCH) Und es ist durchaus personenabhängig. (GERÄUSCH). So klingt es beim Geduldigen, und so beim Ungeduldigen, oder bei dem, der wenig Zeit dafür verwenden will. (GERÄUSCH) Der Zaghafte, es könnte auch der Sparsame sein. Wie auch immer, was ist das für ein Geräusch?

Sie kennen es bestimmt, wenn man nämlich mehr von seinem Hintergrund dazu noch hört (ATMO), in der Eisenbahn, in der Österreichischen, Deutschen und wahrscheinlich auch in der Schweizer Eisenbahn hat oder hatte dieses Geräusch seinen Lebensraum, und zwar im WC. Es ist der Trockenseifenspender. Das war nämlich jenes Gerät, das unten so einen igelhaften Kreis hatte, mit drei um 120 Grad versetzten Stacheln, die man mit den Fingern fassen oder nur mit den Knöcheln anschieben und drehen konnte, und es wurde dabei die Seife, die trockene Seife auf die Hand gerieben. Wenn dann kein Wasser da war, weil es schon aus war, konnte man sich die Seife (ATMO) runterklopfen. Heute ist es ja so, dass mit Flüssigseife das Problem besteht, wenn das Wasser aus ist, haben wir die Seife flüssig in der Hand, was soll man tun. Ja, früher war doch manches besser… Jetzt habe ich doch über die Vergangenheit geschwärmt. Ich weiß nicht, ob es Trockenseifenspender noch in den modernen Eisenbahnwaggons gibt, man kann aber diesen Spender im Internet sehr wohl leicht finden. Ich habe mir einen schicken lassen, mit einem Karton voller Seife, und habe das im Bad installiert und gehe jetzt beim Händewaschen auch in Zukunft wieder so gut wie auf die Reise.

325. Schluchzen im Liegewagen

Geräusche finden ja immer in der Gegenwart statt, und wer über sie spricht, muss sie aus der Vergangenheit zurückholen. Vielleicht mit technischen Mitteln. Aber ein Aufnahmegerät war damals nicht dabei. Das folgende Geräusch kann ich Ihnen nicht vorspielen.

Es ist ein tiefes, herzzerreißendes Schluchzen, das aus der Ecke kommt. Der Zug hat Straßburg erreicht, und jemand ist zugestiegen. Hat sich in die Ecke der obersten Etage im Liegewagen zurückgezogen und weint, und weint, und weint so herzzerreißend, dass der Student in der obersten Etage gegenüber fragt, was leicht los wäre. Und das Mädchen erzählt von einem Sommer in Strassburg, einem Filmworkshop, an dem es teilgenommen hat, und dass es jetzt wieder nach Bulgarien zurückfährt. Und dass es nie dorthin zurück wird können, wo es so schön war.

Ob er ihre Hand halten könnte, fragt sie den Student gegenüber, und er hält ihre Hand, und so schlafen sie ein. Die Hände über den tiefen Raum des Liegewagenabteils verbunden, im dritten Stock, auf der dritten Ebene, ganz oben. Am Morgen steigt er aus, im Nebel von Wels, einem Umsteigebahnhof in Oberösterreich, wo der Zug wieder hält. Und sie schaut ihn an. Und er schaut sie an. Eine Sekunde, vielleicht zwei.

324. Der Waldrapp

324. Der Waldrapp

18. bis 22. Mai 2020

Die letzte Möglichkeit, den Waldrapp in Österreich in freier Wildbahn zu sehen, war vor mehr als 300 Jahren. Der etwa krähengroße Vogel, schwarz, schillernd, kahl am Kopf, mit langem rotem Schnabel ist seither ausgestorben. Aber in Marokko gibt es eine Gruppe von 700 Individuen, denen es gut geht, wenn ihre Lebensbedingungen geschützt, geschätzt und gepflegt werden. Waldrappe leben gerne in Gruppen, sie sind äußerst sozial, durchaus scheu, sie lieben Wiesen und sind dann tatsächlich weniger im Wald zu finden, als in der Steppe. Wenn sie nass werden, werden sie zur Beute für Greifvögel, denn ihr Gefieder hat keine wasserabweisenden Fähigkeiten.

In Österreich sind Waldrappe schon heute im Cumberland Tierpark in Grünau im Almtal zu beobachten. Eine wissenschaftliche Gruppe an der dort angesiedelten Konrad Lorenz Forschungsstelle - das "Waldrappteam" - erforscht ihre Lebensweise, ihr soziales Verhalten samt einer durchaus seltsam anmutenden Art, mit drei verschiedenen Arten von Lautäußerungen zu kommunizieren. Das "Huch" etwa - und es klingt bei Waldrappen genau so, wie man es schreibt, verwenden sie, wenn sie interessante Partner:innen treffen, aber auch wenn Gefahr droht. Hier gilt es also fein zu unterscheiden.

Wer Waldrappe in Österreich wieder ansiedeln will, muss sich auch darum kümmern, dass sie im Winter verlässlich in den Süden fliegen. Da sie das nicht können, wenn sie aus Marokko stammen, muss man es ihnen lernen. Das Waldrappteam fliegt mit Leichtflugzeugen voraus, ruft "Waldies, kommt" und so geht es gemeinsam nach Italien - mit Pausen. Einmal die Route gelernt, können sie dann selbst zurückfliegen und den Kurs an zukünftige Generationen selbst weitergeben.

Interviewpartnerin:

Verena Pühringer-Sturmayr, MSc
Konrad Lorenz Forschungsstelle
Fischerau 11
4645 Grünau im Almtal

https://klf.univie.ac.at/de/forschung/modellarten/waldrappe/


Foto: Verena Pühringer-Sturmayr

323. Pflanzenklänge

323. Pflanzenklänge

Pflanzen beim Wachsen zuhören
Audiokunst in der Botanik

Wie es die Pflanzen schaffen, aus dem Sonnenlicht Energie zu gewinnen, ist biologisch gut verstanden. Die Photosynthese findet in den Zellen statt, mit dem "grünen" Molekül Chlorphyll gelingt es, höherwertige Moleküle für die Pflanze zu bilden. Das Ganze funktioniert lautlos, daran haben wir uns gewöhnt. Pflanzen machen keinen Lärm bei ihrer Arbeit. Studierende der TransArts Klasse der Universität für Angewandten Kunst in Wien haben sich im Botanischen Garten umgehört, ob es dabei nicht doch etwas zu hören gibt. Sie entwickelten Klanginstallationen, die sie vom 20. bis 24. Mai 2020 im Botanischen Garten der Universität Wien am Rennweg direkt an den Pflanzen selbst interessieten Besucher:innen zugänglich machen. Für die Augen und für die Ohren - Kunst und Botanik für alle Sinne.

Link: https://www.transarts.at

Podcasting für Anfänger:innen

Immer wieder fragt mal jemand, wie das geht mit dem Podcasten, und ich habe jetzt einmal die für mich vorstellbar einfachste Möglichkeit aufgeschrieben.


So, du möchtest einen Podcast machen?

Am besten ist, du legst einfach los. Jedes Element kannst du noch ändern. Ziel ist, möglichst zuverlässig bis zur 10. Folge zu kommen. Du lernst sehr viel dabei. Danach haben sich viele Fragen selbst beantwortet oder sie haben sich selbst erübrigt. Dann kannst du an allen verbleibenden Schrauben drehen, um deinen Podcast zu verbessern.

Was du am Anfang nicht brauchst?

  1. Fancy Signation, unglaublicher Titel
  2. Tolle Sprecherstimmen
  3. Teure Hardware
  4. Schneidekunst und Gestaltungshandwerk
  5. Grafik, Marketing und Social Media, Gedanken an die Zielgruppe

Was du am Anfang schon brauchst?

  1. Einen Feed. Wenn es was für die Ohren ist, und einen Feed hat, ist es ein Podcast.
  2. Einen Takt. Regelmäßig und schmutzig ist besser als perfekt, sauber und selten.
  3. Die Zeit, deine eigenen Folgen nach Veröffentlichung selbst ganz zu hören.
  4. Ein offenes Service, das dir die Veröffentlichung macht.
  5. Shownotes und Kapitelmarken.

Wie geht es? Du klickst dir ein Konto bei https://www.podigee.com für 12€ pro Monat, 4 Stunden pro Monat sind dabei. Die machen den Feed, sorgen für gutes Audio, und stellen die Folgen zum Download und Abonnieren bereit. Du füllst dort die Angaben für deinen Podcast aus. Jetzt bist du mit den Vorbereitung fertig. Danach nimmst du die erste Folge auf. Sie wird die sogenannte „Nullnummer“. Darin erzählst du, was du vorhast. Du verwendest irgendein Mikrofon, Hauptsache du hältst es halbwegs ran. Allenfalls ein bisschen schneiden mit irgendeinem Audioprogramm, das kann man lernen. Du lädst die Aufnahme hoch, bestätigst alle Fragen und drückst OK. Du bist online. Dann machst du dir einen Plan für die ersten 10 wirklichen Folgen, den du abarbeitest. Höre deine Folgen selbst nach dem Veröffentlichen zur Gänze durch und mache dir dazu deine Gedanken. Das sorgt für einen automatischen Verbesserungseffekt. Bleib nicht stehen, mach’ weiter. Auch wenn du nichts aktiv machst, wird die Qualität und deine Downloadzahlen linear zunehmen. Es wird am Anfang nicht spektakulär sein, es mag zäh wirken, aber deine Erfahrungen wachsen und dein Erfolg kann mit dieser zunehmenden Erfahrung durchaus beschleunigt werden. Viele Podcasts möchten am Anfang alles richtig machen. Ach was.

Was? Du willst was besser machen? Ja. Du kannst jedes einzelne Element verbessern. Ein toller Titel. Ein gutes Mikrofon. Headsets. Studio-Link. Ultraschall Schneidesoftware. Eigenes Hosting, Audiobearbeitung mit Auphonic. Verzeichnisse. Ein tolles Konzept. Sprechtechnik-Kurse. Etwas Dramaturgie. Ein bisschen schneiden. Tollere Raumakustik. Spannendere Fragen. Klarere Aussagen. Bessere Sichtbarkeit. Und Hörbarkeit. Und Geld. Und Spannung. Unverwechselbarkeit, Relevanz. Verbindungen in die Communities.

Wer hilft? https://sendegate.de mit den Podcastpat:innen. Stell’ dich dort einfach mal vor.

Link: Podcastmachen (PDF)

322. Trockenseifenspender

BEITRAG / Teil 1

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie das folgende Geräusch schon einmal gehört haben. (GERÄUSCH) Und es ist durchaus personenabhängig. (GERÄUSCH). So klingt es beim Geduldigen, und so beim Ungeduldigen, oder bei dem der wenig Zeit dafür verwenden will. (GERÄUSCH) Der Zaghafte, es könnte auch der Sparsame sein. Wie auch immer, was ist das für ein Geräusch? Sie kennen es bestimmt, und ich wasche jetzt erst mal die Hände. (ATMO)


BEITRAG / Teil 2

Dieses Geräusch (GERÄUSCH) – Sie kennen es bestimmt, wenn man nämlich mehr von seinem Hintergrund dazu noch hört (ATMO), in der Eisenbahn, in der Eisenbahn, in der Deutschen, in der Österreichischen und wahrscheinlich auch in der Schweizer Eisenbahn hat oder hatte dieses Geräusch seinen Lebensraum, und zwar im WC. Es ist der Trockenseifenspender. Das war nämlich jenes Gerät, das unten so einen igelhaften Kreis hatte, mit drei, wahrscheinlich 120 Grad, 360 Grad durch 3, 120 Grad ja, versetzten Stacheln, die man mit den Fingern fassen und drehen kann, und es wird dabei die Seife, die trockene Seife auf die Hand gerieben. Und wenn dann kein Wasser da war, weil es schon aus war, konnte man sich die Seife (ATMO) runterklopfen. Heute ist es ja so, dass mit Flüssigseife das Problem besteht, wenn das Wasser aus ist haben wir die Seife flüssig in der Hand, was soll man tun. Ja, früher war ja alles besser… Also, die Erinnerungen, wir kennen es. Ich weiß nicht, ob es Trockenseifenspender noch in den modernen Eisenbahnwaggons gibt, man kann aber diesen Spender im Internet sehr wohl leicht finden. Ich habe mir einen schicken lassen, mit einem Karton voller Seife, und habe das im Bad installiert und bin jetzt beim Händewaschen so gut wie auf Reisen.

(ATMO) Und dazu gibt es Helmut Qualtinger, der „Österreichische Karl Valentin“, mit den schönsten Bundesbahnstationen.

MUSIK (Helmut Qualtinger, Bundesbahnblues)


Link zum Trockenseifenspender im Internet: http://sapor.de

321. Nordlicht

Deutschlandfunk, Sonntagsspaziergang, 26.04.2020

Klänge aus Sodankylä, Finnland

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem Zebrastreifen. In Lappland. Im Norden Finnlands. Es ist dunkel, es gibt überall Schnee. Irgendwie ist es hell, trotzdem. Aber niemand ist unterwegs. Denn alle sind zuhause. Es ist 10 Uhr am Abend. Und Sie stehen an diesem Zebrastreifen und warten, weil die Ampel rot ist.

ATMO Piepsen / Ampel

Und dann springt die Ampel auf Grün.

ATMO weiter

So klingt in Sodankylä, im Norden Finnlands, das akustische Leitsystem für Blinde über den Zebrastreifen Und das steht irgendwie für die Arbeitsweise der Wissenschaftler dort, denn dort gibt es nämlich ein geophysikalisches Institut, das das Magnetfeld der Erde und damit verbunden das Nordlicht untersucht. Und das funktioniert auch irgendwie ähnlich wie dieser Fußgängerübergang, der symbolisch dafür steht: Man schickt Signale in den Himmel und empfängt Funksignale vom Himmel. Und an dem, was da fehlt, kann man sagen, was sich da zwischen Himmel und Erde abspielt – nämlich das Weltraumwetter, das Nordlicht, die Farben des Nordlichts. (ATMO weg)

Die Schülerinnen und Schüler warten oft an diesem Zebrastreifen auf dem Weg zum Gymnasium. Wenn man pfeift, kann man das Nordlicht hervorlocken, sagen sie. Und wenn es jetzt immer heller wird, dann verschwinden sie, die Nordlichter. Aber im Winter des Nordens, da sind sie oft zu sehen

OT Finnische Mädchen

Jonna und Räta erzählen von ihrer ersten Begegnung.

ÜBERSETZUNG

Wir waren auf dem Berg Schlitten fahren. Und da waren so Nordlichter, so verrückte. Die haben wir lange beobachtet.

Als kleines Kind habe ich mich auch oft über das Nordlicht gewundert. Und wie verrückt geschriene, „was sind die denn“, und dabei bin ich herumgerannt. „Was sind die eigentlich“, zeigte ich lachend mit dem Finger auf sie. „Was sind die, ich will sie berühren“. Und dann hat mein Patenonkel gesagt, „Das sind Nordlichter“. „Wow, habe ich gesagt“.

ATMO Zebrastreifen

Für die Wissenschaftler ist es der Einfluss der Sonne. Der Sonnenwind, der vom Magnetfelder der Erde eingefangen wird und zu den Polen gebracht wird. Und für die Samen, die indigene Bevölkerung, da gibt es die Legende, dass das Legende vom Fuchs kommt, vom Polarfuchs, der mit seinem Schweif über den Himmel stricht.

Aber jetzt kommt erst einmal das lange Tageslicht, der Sommer.

320. Boulevardblätter

In einem am Montag bekannt gewordenen Brief teilten Prinz Harry und seine Ehefrau Meghan mit, künftig jeglichen Kontakt mit den vier britischen Boulevardblättern "Sun", "Daily Mail", "Mirror" und "Express" vor zu meiden – der Grund: die Verbreitung, "verzerrter, falscher und übergriffiger" Geschichten.

Und nachdem die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine Öffnung der österreichischen Grenzen für deutsche Sommerurlauber ins Spiel gebracht hatte. titelte die deutsche Boulevardzeitung "Bild" hoffnungsfroh "Erlaubt uns Österreich Sommerurlaub?“

Beitrag (mp3)


Manuskript

SIGNATION "Das Wort der Woche"

Ist nicht der Boulevard das Große, Schöne, das sehr Prächtige? Das mondäne Leben in der großen Stadt? Vorbeilaufende Menschen, das Laufen, da sind wir sind schon beim Laufhaus um die Ecken dieser Boulevards, und da fängt das Schmuddelige dann an. Halbnackte Damen auf Seite 3.

Die Boulevard-Blätter werden im Laufen verkauft, schnell, rasch, mit kleinen Beträgen in der Masse kommen die Verlage - zum großen Geld. Und das sogar, wenn es sie gratis gibt. Ein Rätsel?

Es hilft zum Verständnis der Herkunft des Wortes Boulevardblatt ein wenig ins Englische zu schauen: Yellowpress. Das ist die amerikanische Bezeichnung für die Boulevard-Blätter, allgemeiner ausgedrückt der "Yellow-Journalism": Der gelbe Journalismus. Wir gehen zurück in das Jahr 1890, nach New York. Dort kämpfen zwei Zeitungen im freien Wettbewerb: the World und the Journal. Joseph Pulitzer, ein ungarisch-amerikanischer Journalist hat die World gekauft und kämpft mit ihrer Stimme gegen politische Korruption und soziale Ungerechtigkeit - mit farbreichen plastischen und sensationslüsternen Stories. The World - die Nummer 1 im Zeitungsmarkt, bis zwei Jahre später 1895 William Hearst das Journal kauft, die Konkurrenzzeitung. Ein schmutziger Kampf entstand, in dem ein Comiczeichner Pulitzers von der Sonntags-World Pulitzers wegengagiert wurde, er hatte dort "The Yellow Kid" als beliebte Comicreihe gezeichnet. Pulitzer engagierte einen neuen Zeichner, der die beliebte Serie mit dem gelben Männchen fortführte und so zeichneten zwei bitter konkurrierende Blätter gelbe Comics - die Bezeichnung "Yellopress" ist entstanden.

Die Techniken der Massenblätter blieben: die Inhalte im Wesentlichen auch.

OT: Es geht bei diesen Zeitungen um den Verkauf von Sensationen in möglichst hoher Auflage.

Ja, so einfach ist das. Das eine bedingt ja auch das andere. Die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank von der Universität Innsbruck:

OT: Die Presse des Boulevards steht für eine eigene Art in der Berichterstattung mit bestimmten Kennzeichnen. Dazu gehören die Art der Aufmachung, zum Beispiel große Balkenüberschriften mit reisserischen Schlagzeilen, zahlreiche oft großformatige Fotos, die emotionalisieren, sowie eine stark vereinfachte Sprache. Die Texte und Sätze sind eben sehr kurz und auch leicht verständlich und oft sind auch Schlag- und Reizwörter darin erhalten.

"Tabloids" ist der Ausdruck für die Boulevardblätter in Großbritannien, bezugnehmend auf das kleine Format dieser Zeitungen, ein bisschen größer als A4 - obwohl die auflagenstärkste Boulevardzeitung in Deutschland, die Bild, wieder recht großformatig daherkommt. Ihr kleines journalistisches 1x1:

OT: Der Hund beisst den Mann, das ist langweilig, aber wenn es heißt Mann beisst Hund, dann ist das eine Sensation, und wenn dann noch eine Katastrophe dabei ist, jemand is zu Schaden gekommen, dann erregt es unsere Aufmerksamkeit.

Hund reißt sich von Leine, zerbeißt Mäderl Gesicht - das finden wir in der gestrigen Online Ausgabe eines österreichischen Boulevardmediums, und gleich daneben:

Eingeschläferter Hund von Ex-Ministerin exhumiert

Riesiger Ansturm auch auf Dönerstand in Wien

Lkw-Fahrer lag stundenlang tot in Fahrerkabine. Und:

Corona-Patienten haben plötzlich dunkle Haut

Erstaunlich friedlich gestern die britische Sun: Meghan Markle, Prince Harry and Baby Archie wish Queen a happy 94th birthday on video call from LA.

Immer wieder diese drei Elemente.

OT: Sensation, Vereinfachung und Identifikation. Und je mehr von diesen Faktoren ineinander verknüpft sind, desto besser.

"Medienwissenschaftlerin liest im Urlaub Schmutzpresse." - Das ist jetzt erfunden - wäre auch keine Schande, sagt die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank. Verschafft eine Boulevardzeitung doch einen schnellen Überblick, besonders auch in einem fremden Land - über die Hitze in der Stadt, den Puls der Gesellschaft.

OT: Man ist auf dem ersten Blick sehr schnell informiert, man weiß sofort warum es geht und das Ganze hat natürlich auch einen gewissen Unterhaltungsfaktor und von da her finde ich es per se nicht verwerflif wenn man so eine Zeitung liest, aber natürlich sollte man es mit anderen Informationen kombinieren um sich ein umfassendes Bild zu machen, wie die Nachrichtenlage tatsächlich aussieht.

Der Boulevard ist in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Bollwerk. Wer sich mit dem Boulevard einlässt, muss stark sein, er wird auf Plüsch getragen und kommt im Krisenfall in Teufelsküche. Neu ist für alle, dass der marktschreierische Kampf von Massenblättern aus dem Boulevard im Internet stattfindet. Und das kein bisschen leiser.

ABMODERATION

Lothar Bodingbauer zum Wort der Woche: Boulevard-Blatt.

Wort der Woche - Lothar Bodingbauer - Boulevardblatt, 22.04.2020 / Moment - Leben heute / ORF Radio Österreich 1


MODERATION

In einem am Montag bekannt gewordenen Brief teilten Prinz Harry und seine Ehefrau Meghan mit, künftig jeglichen Kontakt mit den vier britischen Boulevardblättern "Sun", "Daily Mail", "Mirror" und "Express" vor zu meiden – der Grund: die Verbreitung, "verzerrter, falscher und übergriffiger" Geschichten.

Und nachdem die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine Öffnung der österreichischen Grenzen für deutsche Sommerurlauber ins Spiel gebracht hatte. titelte die deutsche Boulevardzeitung "Bild" hoffnungsfroh "Erlaubt uns Österreich Sommerurlaub?“

Boulevardzeitung ist ….

SIGNATION "Das Wort der Woche"

Ist nicht der Boulevard das Große, Schöne, das sehr Prächtige? Das mondäne Leben in der großen Stadt? Vorbeilaufende Menschen, das Laufen, da sind wir sind schon beim Laufhaus um die Ecken dieser Boulevards, und da fängt das Schmuddelige dann an. Halbnackte Damen auf Seite 3.

Die Boulevard-Blätter werden im Laufen verkauft, schnell, rasch, mit kleinen Beträgen in der Masse kommen die Verlage - zum großen Geld. Und das sogar, wenn es sie gratis gibt. Ein Rätsel?

Es hilft zum Verständnis der Herkunft des Wortes Boulevardblatt ein wenig ins Englische zu schauen: Yellowpress. Das ist die amerikanische Bezeichnung für die Boulevard-Blätter, allgemeiner ausgedrückt der "Yellow-Journalism": Der gelbe Journalismus. Wir gehen zurück in das Jahr 1890, nach New York. Dort kämpfen zwei Zeitungen im freien Wettbewerb: the World und the Journal. Joseph Pulitzer, ein ungarisch-amerikanischer Journalist hat die World gekauft und kämpft mit ihrer Stimme gegen politische Korruption und soziale Ungerechtigkeit - mit farbreichen plastischen und sensationslüsternen Stories. The World - die Nummer 1 im Zeitungsmarkt, bis zwei Jahre später 1895 William Hearst das Journal kauft, die Konkurrenzzeitung. Ein schmutziger Kampf entstand, in dem ein Comiczeichner Pulitzers von der Sonntags-World Pulitzers wegengagiert wurde, er hatte dort "The Yellow Kid" als beliebte Comicreihe gezeichnet. Pulitzer engagierte einen neuen Zeichner, der die beliebte Serie mit dem gelben Männchen fortführte und so zeichneten zwei bitter konkurrierende Blätter gelbe Comics - die Bezeichnung "Yellopress" ist entstanden.

Die Techniken der Massenblätter blieben: die Inhalte im Wesentlichen auch.

OT: Es geht bei diesen Zeitungen um den Verkauf von Sensationen in möglichst hoher Auflage.

Ja, so einfach ist das. Das eine bedingt ja auch das andere. Die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank von der Universität Innsbruck:

OT: Die Presse des Boulevards steht für eine eigene Art in der Berichterstattung mit bestimmten Kennzeichnen. Dazu gehören die Art der Aufmachung, zum Beispiel große Balkenüberschriften mit reisserischen Schlagzeilen, zahlreiche oft großformatige Fotos, die emotionalisieren, sowie eine stark vereinfachte Sprache. Die Texte und Sätze sind eben sehr kurz und auch leicht verständlich und oft sind auch Schlag- und Reizwörter darin erhalten.

"Tabloids" ist der Ausdruck für die Boulevardblätter in Großbritannien, bezugnehmend auf das kleine Format dieser Zeitungen, ein bisschen größer als A4 - obwohl die auflagenstärkste Boulevardzeitung in Deutschland, die Bild, wieder recht großformatig daherkommt. Ihr kleines journalistisches 1x1:

OT: Der Hund beisst den Mann, das ist langweilig, aber wenn es heißt Mann beisst Hund, dann ist das eine Sensation, und wenn dann noch eine Katastrophe dabei ist, jemand is zu Schaden gekommen, dann erregt es unsere Aufmerksamkeit.

Hund reißt sich von Leine, zerbeißt Mäderl Gesicht - das finden wir in der gestrigen Online Ausgabe eines österreichischen Boulevardmediums, und gleich daneben:

Eingeschläferter Hund von Ex-Ministerin exhumiert

Riesiger Ansturm auch auf Dönerstand in Wien

Lkw-Fahrer lag stundenlang tot in Fahrerkabine. Und:

Corona-Patienten haben plötzlich dunkle Haut

Erstaunlich friedlich gestern die britische Sun: Meghan Markle, Prince Harry and Baby Archie wish Queen a happy 94th birthday on video call from LA.

Immer wieder diese drei Elemente.

OT: Sensation, Vereinfachung und Identifikation. Und je mehr von diesen Faktoren ineinander verknüpft sind, desto besser.

"Medienwissenschaftlerin liest im Urlaub Schmutzpresse." - Das ist jetzt erfunden - wäre auch keine Schande, sagt die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank. Verschafft eine Boulevardzeitung doch einen schnellen Überblick, besonders auch in einem fremden Land - über die Hitze in der Stadt, den Puls der Gesellschaft.

OT: Man ist auf dem ersten Blick sehr schnell informiert, man weiß sofort warum es geht und das Ganze hat natürlich auch einen gewissen Unterhaltungsfaktor und von da her finde ich es per se nicht verwerflif wenn man so eine Zeitung liest, aber natürlich sollte man es mit anderen Informationen kombinieren um sich ein umfassendes Bild zu machen, wie die Nachrichtenlage tatsächlich aussieht.

Der Boulevard ist in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Bollwerk. Wer sich mit dem Boulevard einlässt, muss stark sein, er wird auf Plüsch getragen und kommt im Krisenfall in Teufelsküche. Neu ist für alle, dass der marktschreierische Kampf von Massenblättern aus dem Boulevard im Internet stattfindet. Und das kein bisschen leiser.

ABMODERATION

Lothar Bodingbauer zum Wort der Woche: Boulevard-Blatt.


MODERATION

In einem am Montag bekannt gewordenen Brief teilten Prinz Harry und seine Ehefrau Meghan mit, künftig jeglichen Kontakt mit den vier britischen Boulevardblättern "Sun", "Daily Mail", "Mirror" und "Express" vor zu meiden – der Grund: die Verbreitung, "verzerrter, falscher und übergriffiger" Geschichten.

Und nachdem die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine Öffnung der österreichischen Grenzen für deutsche Sommerurlauber ins Spiel gebracht hatte. titelte die deutsche Boulevardzeitung "Bild" hoffnungsfroh "Erlaubt uns Österreich Sommerurlaub?“

Boulevardzeitung ist ….

SIGNATION "Das Wort der Woche"

Ist nicht der Boulevard das Große, Schöne, das sehr Prächtige? Das mondäne Leben in der großen Stadt? Vorbeilaufende Menschen, das Laufen, da sind wir sind schon beim Laufhaus um die Ecken dieser Boulevards, und da fängt das Schmuddelige dann an. Halbnackte Damen auf Seite 3.

Die Boulevard-Blätter werden im Laufen verkauft, schnell, rasch, mit kleinen Beträgen in der Masse kommen die Verlage - zum großen Geld. Und das sogar, wenn es sie gratis gibt. Ein Rätsel?

Es hilft zum Verständnis der Herkunft des Wortes Boulevardblatt ein wenig ins Englische zu schauen: Yellowpress. Das ist die amerikanische Bezeichnung für die Boulevard-Blätter, allgemeiner ausgedrückt der "Yellow-Journalism": Der gelbe Journalismus. Wir gehen zurück in das Jahr 1890, nach New York. Dort kämpfen zwei Zeitungen im freien Wettbewerb: the World und the Journal. Joseph Pulitzer, ein ungarisch-amerikanischer Journalist hat die World gekauft und kämpft mit ihrer Stimme gegen politische Korruption und soziale Ungerechtigkeit - mit farbreichen plastischen und sensationslüsternen Stories. The World - die Nummer 1 im Zeitungsmarkt, bis zwei Jahre später 1895 William Hearst das Journal kauft, die Konkurrenzzeitung. Ein schmutziger Kampf entstand, in dem ein Comiczeichner Pulitzers von der Sonntags-World Pulitzers wegengagiert wurde, er hatte dort "The Yellow Kid" als beliebte Comicreihe gezeichnet. Pulitzer engagierte einen neuen Zeichner, der die beliebte Serie mit dem gelben Männchen fortführte und so zeichneten zwei bitter konkurrierende Blätter gelbe Comics - die Bezeichnung "Yellopress" ist entstanden.

Die Techniken der Massenblätter blieben: die Inhalte im Wesentlichen auch.

OT: Es geht bei diesen Zeitungen um den Verkauf von Sensationen in möglichst hoher Auflage.

Ja, so einfach ist das. Das eine bedingt ja auch das andere. Die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank von der Universität Innsbruck:

OT: Die Presse des Boulevards steht für eine eigene Art in der Berichterstattung mit bestimmten Kennzeichnen. Dazu gehören die Art der Aufmachung, zum Beispiel große Balkenüberschriften mit reisserischen Schlagzeilen, zahlreiche oft großformatige Fotos, die emotionalisieren, sowie eine stark vereinfachte Sprache. Die Texte und Sätze sind eben sehr kurz und auch leicht verständlich und oft sind auch Schlag- und Reizwörter darin erhalten.

"Tabloids" ist der Ausdruck für die Boulevardblätter in Großbritannien, bezugnehmend auf das kleine Format dieser Zeitungen, ein bisschen größer als A4 - obwohl die auflagenstärkste Boulevardzeitung in Deutschland, die Bild, wieder recht großformatig daherkommt. Ihr kleines journalistisches 1x1:

OT: Der Hund beisst den Mann, das ist langweilig, aber wenn es heißt Mann beisst Hund, dann ist das eine Sensation, und wenn dann noch eine Katastrophe dabei ist, jemand is zu Schaden gekommen, dann erregt es unsere Aufmerksamkeit.

Hund reißt sich von Leine, zerbeißt Mäderl Gesicht - das finden wir in der gestrigen Online Ausgabe eines österreichischen Boulevardmediums, und gleich daneben:

Eingeschläferter Hund von Ex-Ministerin exhumiert

Riesiger Ansturm auch auf Dönerstand in Wien

Lkw-Fahrer lag stundenlang tot in Fahrerkabine. Und:

Corona-Patienten haben plötzlich dunkle Haut

Erstaunlich friedlich gestern die britische Sun: Meghan Markle, Prince Harry and Baby Archie wish Queen a happy 94th birthday on video call from LA.

Immer wieder diese drei Elemente.

OT: Sensation, Vereinfachung und Identifikation. Und je mehr von diesen Faktoren ineinander verknüpft sind, desto besser.

"Medienwissenschaftlerin liest im Urlaub Schmutzpresse." - Das ist jetzt erfunden - wäre auch keine Schande, sagt die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank. Verschafft eine Boulevardzeitung doch einen schnellen Überblick, besonders auch in einem fremden Land - über die Hitze in der Stadt, den Puls der Gesellschaft.

OT: Man ist auf dem ersten Blick sehr schnell informiert, man weiß sofort warum es geht und das Ganze hat natürlich auch einen gewissen Unterhaltungsfaktor und von da her finde ich es per se nicht verwerflif wenn man so eine Zeitung liest, aber natürlich sollte man es mit anderen Informationen kombinieren um sich ein umfassendes Bild zu machen, wie die Nachrichtenlage tatsächlich aussieht.

Der Boulevard ist in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Bollwerk. Wer sich mit dem Boulevard einlässt, muss stark sein, er wird auf Plüsch getragen und kommt im Krisenfall in Teufelsküche. Neu ist für alle, dass der marktschreierische Kampf von Massenblättern aus dem Boulevard im Internet stattfindet. Und das kein bisschen leiser.

ABMODERATION

Lothar Bodingbauer zum Wort der Woche: Boulevard-Blatt.


MODERATION

In einem am Montag bekannt gewordenen Brief teilten Prinz Harry und seine Ehefrau Meghan mit, künftig jeglichen Kontakt mit den vier britischen Boulevardblättern "Sun", "Daily Mail", "Mirror" und "Express" vor zu meiden – der Grund: die Verbreitung, "verzerrter, falscher und übergriffiger" Geschichten.

Und nachdem die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine Öffnung der österreichischen Grenzen für deutsche Sommerurlauber ins Spiel gebracht hatte. titelte die deutsche Boulevardzeitung "Bild" hoffnungsfroh "Erlaubt uns Österreich Sommerurlaub?“

Boulevardzeitung ist ….

SIGNATION "Das Wort der Woche"

Ist nicht der Boulevard das Große, Schöne, das sehr Prächtige? Das mondäne Leben in der großen Stadt? Vorbeilaufende Menschen, das Laufen, da sind wir sind schon beim Laufhaus um die Ecken dieser Boulevards, und da fängt das Schmuddelige dann an. Halbnackte Damen auf Seite 3.

Die Boulevard-Blätter werden im Laufen verkauft, schnell, rasch, mit kleinen Beträgen in der Masse kommen die Verlage - zum großen Geld. Und das sogar, wenn es sie gratis gibt. Ein Rätsel?

Es hilft zum Verständnis der Herkunft des Wortes Boulevardblatt ein wenig ins Englische zu schauen: Yellowpress. Das ist die amerikanische Bezeichnung für die Boulevard-Blätter, allgemeiner ausgedrückt der "Yellow-Journalism": Der gelbe Journalismus. Wir gehen zurück in das Jahr 1890, nach New York. Dort kämpfen zwei Zeitungen im freien Wettbewerb: the World und the Journal. Joseph Pulitzer, ein ungarisch-amerikanischer Journalist hat die World gekauft und kämpft mit ihrer Stimme gegen politische Korruption und soziale Ungerechtigkeit - mit farbreichen plastischen und sensationslüsternen Stories. The World - die Nummer 1 im Zeitungsmarkt, bis zwei Jahre später 1895 William Hearst das Journal kauft, die Konkurrenzzeitung. Ein schmutziger Kampf entstand, in dem ein Comiczeichner Pulitzers von der Sonntags-World Pulitzers wegengagiert wurde, er hatte dort "The Yellow Kid" als beliebte Comicreihe gezeichnet. Pulitzer engagierte einen neuen Zeichner, der die beliebte Serie mit dem gelben Männchen fortführte und so zeichneten zwei bitter konkurrierende Blätter gelbe Comics - die Bezeichnung "Yellopress" ist entstanden.

Die Techniken der Massenblätter blieben: die Inhalte im Wesentlichen auch.

OT: Es geht bei diesen Zeitungen um den Verkauf von Sensationen in möglichst hoher Auflage.

Ja, so einfach ist das. Das eine bedingt ja auch das andere. Die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank von der Universität Innsbruck:

OT: Die Presse des Boulevards steht für eine eigene Art in der Berichterstattung mit bestimmten Kennzeichnen. Dazu gehören die Art der Aufmachung, zum Beispiel große Balkenüberschriften mit reisserischen Schlagzeilen, zahlreiche oft großformatige Fotos, die emotionalisieren, sowie eine stark vereinfachte Sprache. Die Texte und Sätze sind eben sehr kurz und auch leicht verständlich und oft sind auch Schlag- und Reizwörter darin erhalten.

"Tabloids" ist der Ausdruck für die Boulevardblätter in Großbritannien, bezugnehmend auf das kleine Format dieser Zeitungen, ein bisschen größer als A4 - obwohl die auflagenstärkste Boulevardzeitung in Deutschland, die Bild, wieder recht großformatig daherkommt. Ihr kleines journalistisches 1x1:

OT: Der Hund beisst den Mann, das ist langweilig, aber wenn es heißt Mann beisst Hund, dann ist das eine Sensation, und wenn dann noch eine Katastrophe dabei ist, jemand is zu Schaden gekommen, dann erregt es unsere Aufmerksamkeit.

Hund reißt sich von Leine, zerbeißt Mäderl Gesicht - das finden wir in der gestrigen Online Ausgabe eines österreichischen Boulevardmediums, und gleich daneben:

Eingeschläferter Hund von Ex-Ministerin exhumiert

Riesiger Ansturm auch auf Dönerstand in Wien

Lkw-Fahrer lag stundenlang tot in Fahrerkabine. Und:

Corona-Patienten haben plötzlich dunkle Haut

Erstaunlich friedlich gestern die britische Sun: Meghan Markle, Prince Harry and Baby Archie wish Queen a happy 94th birthday on video call from LA.

Immer wieder diese drei Elemente.

OT: Sensation, Vereinfachung und Identifikation. Und je mehr von diesen Faktoren ineinander verknüpft sind, desto besser.

"Medienwissenschaftlerin liest im Urlaub Schmutzpresse." - Das ist jetzt erfunden - wäre auch keine Schande, sagt die Medienwissenschaftlerin Natascha Zeitel-Bank. Verschafft eine Boulevardzeitung doch einen schnellen Überblick, besonders auch in einem fremden Land - über die Hitze in der Stadt, den Puls der Gesellschaft.

OT: Man ist auf dem ersten Blick sehr schnell informiert, man weiß sofort warum es geht und das Ganze hat natürlich auch einen gewissen Unterhaltungsfaktor und von da her finde ich es per se nicht verwerflif wenn man so eine Zeitung liest, aber natürlich sollte man es mit anderen Informationen kombinieren um sich ein umfassendes Bild zu machen, wie die Nachrichtenlage tatsächlich aussieht.

Der Boulevard ist in seiner ursprünglichen Bedeutung ein Bollwerk. Wer sich mit dem Boulevard einlässt, muss stark sein, er wird auf Plüsch getragen und kommt im Krisenfall in Teufelsküche. Neu ist für alle, dass der marktschreierische Kampf von Massenblättern aus dem Boulevard im Internet stattfindet. Und das kein bisschen leiser.

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Lothar Bodingbauer zum Wort der Woche: Boulevard-Blatt.

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Lothar Bodingbauer, Wien. Media, Science, Education. Texte für Museen und Ausstellungen, Radiobeiträge, Workshops zu Bildung, Journalismus und Wissenschaft. Podcasts und Podcastberatung. -> Referenzen. Fotos sind auch auf Instagram: lobodingbauer

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