9. Mit Veteranen nach Stalingrad
Die russische Stadt Wolgograd unterscheidet sich nur wenig von anderen russischen Städten. Ein Industriezentrum an der Wolga, fast 2500km von Österreich entfernt. Vor mehr als 53 Jahren hieß die Stadt Stalingrad, und Hitlers Wahnsinn hätte sie einnehmen sollen – auf dem Weg zu den Ölfeldern am Kaspischen Meer. Im August 1942 bricht die 6. Armee unter General Paulus aus ihren Stellungen am Donknie Richtung Osten auf. Stalingrad wird jedoch von den Sowjets gehalten und Paulus´ Soldaten werden eingekesselt. Am 2. Februar 1943 funkt eine deutsche Aufklärungsmaschine: „In Stalingrad keine Kampftätigkeit mehr“. Die 6. Armee hat kapituliert. Von 330.000 Soldaten der Deutschen Wehrmacht überleben 91.000 bis zum Beginn der Gefangenschaft. 5.000 kommen zurück. Stalingrad ist die psychologische Kriegswende. Vor kurzem gab es plötzlich in der Stadt, die sich geschäftig auf den Winter vorbereitet, für einige Tage 100 Fotoapparate, 40 Videokameras und 140 Österreicher mehr. Lothar Bodingbauer hat die Besucher auf eine Reise jenseits des Dons begleitet: Nicht Wolgograd heißt das Ziel, sondern Stalingrad.
Sendung (Version Deutschlandfunk/Sonntagsspaziergang) (mp3)
Manuskript
„Die Veteranen“ – Eine Reise nach Wolgograd – Lothar Bodingbauer, Nov. 1995
Anmoderation
Die russische Stadt Wolgograd unterscheidet sich nur wenig von anderen russischen Städten. Ein Industriezentrum an der Wolga, fast 2500km von Österreich entfernt.
Vor mehr als 53 Jahren hieß die Stadt Stalingrad, und Hitlers Wahnsinn hätte sie einnehmen sollen – auf dem Weg zu den Ölfeldern am Kaspischen Meer.
Im August 1942 bricht die 6. Armee unter General Paulus aus ihren Stellungen am Donknie Richtung Osten auf. Stalingrad wird jedoch von den Sowjets gehalten und Paulus´ Soldaten werden eingekesselt.
Am 2. Februar 1943 funkt eine deutsche Aufklärungsmaschine: „In Stalingrad keine Kampftätigkeit mehr“. Die 6. Armee hat kapituliert.
Von 330.000 Soldaten der Deutschen Wehrmacht überleben 91.000 bis zum Beginn der Gefangenschaft. 5.000 kommen zurück. Stalingrad ist die psychologische Kriegswende.
Vor kurzem gab es plötzlich in der Stadt, die sich geschäftig auf den Winter vorbereitet, für einige Tage 100 Fotoapparate, 40 Videokameras und 140 Österreicher mehr.
Lothar Bodingbauer hat die Besucher auf eine Reise jenseits des Dons begleitet: Nicht Wolgograd heißt das Ziel, sondern Stalingrad.
Sendung
CD Musik
A OT
Und unsere Stadt ist natürlich eine schöne Stadt, weil sie liegt an der Wolga. Wir haben viele warme Zeiten, sehr gute Gemüse- und Obstsachen. Ich wünsche allen, daß sie so gute Wassermelonen und Paradeiser haben wie bei uns.
• CD kurz hoch
B Atmo Kriegsgeräusch • CD wegblenden
A SPRECHERTEXT
Liebe Kameraden!
In einem Schützenloch. Die Nacht und den halben Tag ließ uns die russische Artillerie nicht zum Angriff kommen. Wir hocken stumm und frieren. Wir frieren Tag und Nacht. Überdies schneit es. Der Wind bläst uns die Kälte zu.
Es ist leicht, im Lehnstuhl Patriot zu sein. Aber wenn es in glasklarer Nacht nach schweigendem Marsch bei Störungsfeuer „Eingraben“ heißt und der Spaten sich durch gefrorenen Acker müht, da verflucht man wohl alles Mögliche. Nur Sturheit oder Wissen um die Aufgabe lassen all dies ertragen. Man denkt aber nicht mehr gerne; Denken macht unkämpferisch, besonders die Gedanken an Zuhause und das Leben verträumen einen.
Nur keine Weichheit! Nur jetzt nicht, wo alle Kräfte geballt sein müssen. Wir alle tun unsere Pflicht. Nur die Tat gilt noch.
Es ist ein Witz, wie im Film, im Buch. Aber ehern wirklich. ich schwöre es. Fast amerikanisch, jetzt zu schreiben, da ein Christ beten würde. Oh, wäre es nur sensationelle Angeberei, dieses Schreiben im Feuer. Lieber wäre ich ein kleiner Lügner, als Todeskandidat. Wenn alle Schreiben solche Vorlagen hätten, würde nur Echtes geschrieben. Doch was ist eine Brief, diese papierne intellektuelle Phase im Fronterlebnis.
Ihr seht, man ist Mensch, man ist Deutscher. Man muß sich besiegen, um zu siegen. Wohlan denn, wir halten die Waffen bis zum Siege! Ob heuer oder nächstes Jahr, was gilts, wenn das ewige Deutsche Reich entsteht.
- B Atmo weg im Text
TEXT
Drei Tage später war er tot, Tod durch Herzschuß eines sowjetischen Scharfschützen. Tod durch das System, an das er glaubte. Er schrieb an die Lehnstuhlpatrioten zuhause, er hatte meinen Namen.
A OT
Uns hat man gesagt, die Heimat verteidigen. Ja was sollen denn wir da herinnen die Heimat verteidigen. Die Russen haben sie verteidigt, die Russen waren gezwungen ihre Heimat zu verteidigen, aber doch nicht wir.
B Atmo Flugzeug in letzten Satz
TEXT
Mit meinem anderen Großvater fuhr ich nach Stalingrad.
Und wir waren nicht alleine.
Letzte Anweisung an die 140 Veteranen und deren Angehörige im ersten Direktflug Wien – Wolgograd.
A OT & Atmo • B Atmo weg
Und es ist auch nicht sehr sinnvoll, auf der Straße eingehängt das Panzerlied zu singen, das tut man einfach nicht, wenn man zu Gast ist, das habe ich damit gemeint, und ich bitte Sie, das zu berücksichtigen. – I was net, was er da daherplaudert
- A kurz rauf
TEXT
Jener Herr, der mir beim Einsteigen erzählt hat, er fliege jetzt nach 53 Jahren wieder nach Stalingrad, sitzt am Fenster und sieht wieder die Ebenen des Dons, dreht nervös die Daumen.
Was kann das nur für eine Reise werden? Ich sitze mit den Spendenbüchsensammlern im Flugzeug, die ich von Allerheiligen kenne.
Was sind das für Menschen? Ewiggestrige? Unbelehrbare? Geläuterte? Gebrochene? Menschen, die sich an vergangenen Heldentaten immer noch begeistern?
Was machen Veteranen, wenn sie wieder ins ehemalige Feindesland kommen? Dorthin, wo sie ihr anderes Leben überlebt haben?
B OT
Manche prahlen mit ihren Erinnerungen, die Veteranen, und denken nicht an die Kameraden, denn die haben mindestens genauso viel mitgemacht, eventuell noch mehr. Es ist keine freudige Erinnerung, sondern eine traurige und wir können sagen, daß wir froh sind hier zu sein und noch am Leben zu sein. Es kommt nicht darauf an, daß der Russe ihn nicht erwischt hat, sondern im Gegenteil, Gottseidank daß wir am Leben geblieben sind. Das ist ein Zufall, keine Heldentat und auch kein Erfolg von den Russen.
- A weg, hörbar schnell
A OT
Ich möchte Sie sehr herzlich in Wolgograd begrüßen, ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt bei uns, und alles Beste. Ich werde Ihre Gruppe im Laufe des Tages betreuen, mein Name ist Elena…
- A wird Atmo, dann weg
B OT
Mein Vater war da, der war bei der 297 Infanteriedivision. Er hat ein Leben lang erzählt, wie das war, und heute steht man da, als erwachsener Mensch und sieht das wie das war, man kann sich´s vorstellen, was die für einen Jammer gehabt haben, und Sehnsüchte nach daheim. Und die Leute sind wieder gut gewillt, was man jetzt gesehen hat, das ist doch was wunderbares. Und nur vor allem macht man das als Andenken, als Danksagung, der Vater ist gut heim gekommen, er sitzt jetzt im Rollstuhl, er weint halt immer bitterlich, wenn man jetzt davon redet, über Stalingrad. Gehst e mit a, ja!
A Atmo Verkehr
B OT
Wolfgang, i fahr mit der Polizei
C Atmo Polizeisirene
TEXT
Von der Polizei eskortiert rasen unsere 5 klapprigen Ikarus-Busse durch die Stadt. Ein beeindruckender Konvoi. Für jene in den Bussen, und auch für die Wolgograder draußen. Wir überfahren jede rote Ampel, sogar der Gegenverkehr wird angehalten. Die Stadtbewohner stehen am Straßenrand und staunen. Nicht wenige mit offenem Mund.
- A/C Atmos im nächsten OT weg
B OT
Ich glaube schon, daß der Großteil die Hand reicht, wenn man ihnen normal entgegenkommt, von Mensch zu Mensch, das ist das Wunderbare, ganz wunderbar, beeindruckend.
- B wird Atmo
A OT
Der Russe ist ja sehr kontaktfreudig und ein liebenswürdiger Mensch, das kann ich auch nur immer sagen, ich war schon ein paar mal in der Ukraine. Und sie sind uns überhaupt nicht aggressiv oder böse gesinnt. Und man würde gerne jemanden, der in Österreich unzufrieden ist, einmal ganz kurz nach Rußland schicken.
TEXT
Franz Rechberger war in Rußland. Er kämpfte als Jugendlicher in Stalingrad – und kehrte von Krieg und Gefangenschaft zurück.
A OT
Ich bin einer der wenigen. Es hat ja eigentlich von den Gefangenen nur jeder 20. überlebt. Ich habe keine Familie zuhause gehabt, das hat mir auch sehr geholfen. Heute zieht´s mich eigentlich schon dorthin, weil wir so viele nette Freunde auch unter der Zivilbevölkerung gefunden haben und speziell die Kontakte die wir seit mehreren Jahren haben mit unseren seinerzeitigen Gegnern mit den russische Veteranen in Wolgograd. Das ist jetzt schon der Hauptgrund.
- B Atmo weg
A OT
ÜBERSETZUNG
Es freut mich sehr, daß die Österreichischen Veteranen hierher gekommen sind. Es gab die Zeit, da Deutsche und Russische Soldaten gegeneinander gekämpft haben. Und jetzt ist die Zeit der Versöhnung beider Seiten. Die Bevölkerung hat nicht gekämpft, sondern die Regierungen, die Politiker. Der erste Schritt zur Versöhnung ist, daß Sie zu uns als Gäste kommen.
B OT
Ich muß die Leistung von denen akzeptieren und respektieren. Es ist und bleibt zwiespältig. Innerlich zurück. Durch den ist mein Bruder umgekommen, das richtig zu produzieren ist äußerst schwierig. Das aufzuarbeiten. Das ist so schwierig. Wenn du selber jemanden hast, der gefallen oder vermißt ist. Man kann nicht so ohne weiteres darüber hinweggehen. Irgendetwas haftet da.
C Atmo Verkehr (OT abfangen)
TEXT
Es ist viel Zeit vergangen, und mit den Jahren trennt sich die Deutsche Wehrmacht wieder in Österreichische und Deutsche Soldaten auf.
A OT • C Atmo weg
Also verhaßt sind ja wir von den Russen immer noch, es ist alleweil no so, ja, die Nemetzki. Aber uns Österreicher schauen sie doch anders an. Wir sind nicht der böse Mann. Die sagen heute noch, die Nemetzki. Die haben uns voll uns ganz angenommen. Wir haben eine Friedensbotschaft hergebracht, und die haben die angenommen.
Russe: Übersetzung
Wir unterscheiden sehr gut, zwischen diejenigen, die unsere Feinde waren und jenen, die unfreiwillig in den Krieg gehen mußten. Unsere Großmütter und Väter auf den okkupierten Territorien haben uns schon erzählt, wer sich wie benommen hat, wer unsere Frauen vergewaltigt hat, wer sich anständig benommen hat.
B OT
Ja, erschießen müssen habe ich müssen natürlich aufgrund des Befehls. Die Russen haben angegriffen, waren voll mit Wodka. Die 1.2. 3. Linie hinten, die Kommissare. Sie hätten uns überrannt. Mußten wir schießen.
TEXT
Den Opfern aller Schüsse soll gedacht werden, und so eilen wir von Kranzniederlegung zu Kranzniederlegung.
A Atmo Rosenkranz
B OT • A Atmo auslaufen lassen
Ich war selbst Soldat, bin verwundet worden, kam in russische Gefangenschaft, und erst heute ist mir das bewußt, wenn man in Stalingrad ist, welches Glück wir dazumal gehabt haben, daß wir nach einiger Zeit einigermaßen glücklich nach Hause gekommen sind.
A OT
Wir haben in 2 Tagen 2/3 der Leute verloren, bei diesen Angriffen. Am 28. waren nur mehr 12 Leute vorne von der ganzen Kompanie. Der Essensträger am Abend ich kann mich noch gut erinnern, der ist zurückgegangen mit den vollen Essenskanistern von der Höhe 102 hinunter, wir haben ihm begegnet, er hat geweint. Was er hat? Ich trage das ganze Essen wieder zurück hat er gesagt, es ist niemand mehr vorne, der was zu Essen braucht.
C Atmo Kriegsgeräusch in letzten Satz
A SPRECHERTEXT
Es fällt anfangs nicht leicht, zum Sterben bereit zu sein. Allmählich gewöhnt man sich aber. Ein friedlicher Gedanke zerstört aber gleich alles. Nebenan Singen und Fluchen. Galgenhumor ist nicht die stilvollste Auseinandersetzung, wenn auch leichter, als ernst zu sein.
Die Phantasie wagt kaum, an neues Leben zu denken. Vermessenheit? Viel eher schließt man mit dem bisherigen Leben und tritt befreit an. Wie man sich bloß wichtig nimmt, und dann sieht man sie liegen, wächsern, bleich, zerfetzt, die sich einst auch wichtig nahmen.
A OT • C Atmo weg
Es gibt keine Helden. jeder lebt gerne, es gibt Leute, die viel riskieren, es gibt Ängstliche. Aber Helden gibt´s keine.
B Atmo ins letzte Wort
TEXT
Wir stehen jetzt am Mamai-Hügel, auf der ehemaligen Höhe 102.
A OT & Atmo
Herrlich, herrlich, großartig. So was habe ich noch nie gesehen. Ganz gut. So was habe ich noch nie gesehen.
TEXT
Dieser Hügel hatte in der Schlacht um Stalingrad größte strategische Bedeutung. Wer in einnahm, beherrschte Stalingrad.
A OT
Die Höhe 102 hat vor dem 27. September so oft den Besitzer gewechselt, oft am Tag mehrere Male. Man weiß es nicht. Am 28. September haben wir tatsächlich die Höhe 102 mit den Wassertürmen eingenommen. Aber die Höhe 102 ist so groß, wir sind dort oben mit den Russen gelegen. Wir haben sie nicht vertreiben können von der Höhe 102.
TEXT
2500 Einschläge jeder Art sind hier niedergegangen – pro Quadratmeter. Eigentlich hätte der Hügel eine Erholungszone werden sollen. Nach dem Krieg begannen die Bauarbeiten für eine groß angelegte Gedenkstätte. Von der Wolga herauf führt eine lange, breite Steintreppe, gesäumt von martialischen Steinfiguren sowjetischer Helden.
Ganz oben am Berg: die Statue Mutter Russland. 85 Meter ist sie hoch. Die junge Frau streckt ein Schwert steil nach oben, sie selbst sieht in die andere Richtung, ihr Gesicht durch einen stummen Schrei verzerrt. Realsozialistische Erotik, vermischt mit Blut & Erde.
A OT & Atmo • B Atmo weg
Wann da die an Spitz gibt.
OT
Ein Cousin von mir, der um 3 Jahre älter war als ich, der muß da irgendwo liegen, seine Knochen, deswegen bin ich da. Um zu sehen, wo er seine letzten Stunden, oder sein junges Leben hergegeben hat. Eine Dankesschuld abzustatten, daß der krieg was grausames ist, und daß es nie wieder Krieg geben darf, zumindest nicht zwischen Völkern, die sich zivilisiert nennen. Die sollen das Hirn gebrauchen, und nicht die Fäuste.
- A wird Atmo
TEXT
Jeder der österreichischen Besucher hat sein persönliches Anliegen. Von einem denke ich mir: Das ist aber jetzt einer der Unverbesserlichen mit wahnwitzigen Theorien, aber er wiederum unterhält sich in russischer Sprache mit jedem Portier, Polizist und Straßenhändler.
Die Definitionen verwischen sich, – und die Objekte unserer Vorurteile sind austauschbar. /
Russische Soldaten halten Ehrenwache. Im Stechschritt schreiten sie eine runde Halle ab, in deren Mitte ein ewiges Feuer brennt. Auf ihren Wände sind tausende Namen sowjetischer Gefallener eingemeisselt. Die Zahl der sowjetischen Toten wurde erst in jüngster Zeit bekannt: / Mehr als 1 Million sollen es gewesen sein.
C Atmo Schlucht
TEXT
Nur wenige Schritte weiter wurden künstliche Schluchten aufgebaut, versteckte Lautsprecher verbreiten eine beklemmende Stimmung.
Hier treffen wir einen Wolograder Schüler, der uns von nun an fast Tag und Nacht begleitet, er verkauft Souvenirs der alten Zeit. Tischgroße Landkarten um 5 Dollar, Orden, Abzeichen und Gegenstände, die er auf den Schlachtfeldern gesucht und gefunden hat.
A OT
Nicht viele Touristen besuchen Wolgograd. Das für Geschäft nicht gut. Wieviele Touristen kommen ungefähr hierher? Das Problem mit Tschetschenien. 1991 viele Deutsche und Österreicher besuchen Wolgo, aber jetzt nicht. Was machen Sie hier? Ich lerne in der Schule 5 Jahre. und 7 Jahre Geschäft gemacht. Mit Touristen. – Das halb für Familie und halb für mich.
B Atmo Panoramamuseum • C Atmo weg
TEXT
Alles, was mit dem Krieg zu tun hat, wird im Panoramamuseum ausgestellt. Auch Kinderzeichnungen. Soldaten mit Blumen und Kindern hinter dem Rücken, viel Blutiges, viel Stilles, aber auch viel Fröhliches.
Auf der Innenwand eines großen runden Raumes im letzten Stockwerk ist der Kampf um Stalingrad aufgemalt. Wahnsinn auf 360 Grad.
A OT
Erschütternd Kann ich nur sagen dazu. Erschütternd. Ja da sieht man also zusammengefaßt einen russischen Angriff auf die deutschen Stellungen. Wobei man sagen muß, der Maler hat versucht alles die ganze Schlacht an einem Tag und in einem Bild unterzubnringen. Dadurch ist es soviel. Des ist scheen
Des ist scheen. Aber Eindruck, was will ich sagen, ich war nicht da bei der Schlacht, aber die ist wunderbar. Und vor allem was die mitgemacht haben da… Sie schiessen ja selber wieder in Tschetschenien. Was soll man denn dazu sagen – Auch die Darstellung, und auch die Räume die hier verwendet wurden, ist ausgesprochen gut – Das dürfte der Mamai-GHügel gewesen sein. Und das ist natürlich noch viel dramatischer sowas, als ein Denkmal, das sagt dern Leuten nix. Wenn Sie hier die Schulklassen herführen, dann ist es schon wieder besser.
OT
Wo ist der Schutt hingekommen? Wann war der Aufbau von Stalingrad fertig? Vielleicht in 60er Jahren. – Und wo ist der Schutt hingekommen, Material von zerschossenem Haus – ist sehr viel wieder verarbeitet worden … Hier war alles kaputt, aber nach der Zerstörung kamen 80.000 Leute aus verschiedenen Städten des Landes – Verschiedene Teile sind in den Häusern wieder drinnen, nicht in Wolga.
B Atmo Führung
A OT
Es war eine sehr schwere, harte Zeit. Ich habe erst viel später wieder lachen können. Ich war im Gesicht verkrampft.
Ich habe eigentlich nie geglaubt, daß ich jemals dieses Land betreten werde, nach Rußland fahren werde.
TEXT
Und so fahren sie nach Wolgograd, um das verlorene Lachen wiederzufinden. Doch daß diese Reise alles andere als heiter ist, zeigen die Gesichter der Veteranen. Fotografieren und Filmen, das hilft. Zu stark sind die Eindrücke der Erinnerungen im Kopf – und der Relikte, die auf den ehemaligen Schlachtfeldern herumliegen.
A Atmo Schlachtfeld
TEXT
In Petschanka etwa. Ein kleines Dorf außerhalb Wolgograds. Kein Baum, kein Vogel, nur weites Steppenland und eiskalter Wind, der über die Ebene fegt. Und Sand, der nach einem Regenguß freigibt, was im Boden ist: Schädelplatten, Bombensplitter, Oberschenkelknochen, Rückenwirbel. Gürtelschnallen, Taschenuhren, ein zerschossener Stahlhelm. Man muß nicht erst danach suchen.
C Atmo Gesänge • B Atmo weg
TEXT
Aus den Häusern des Dorfes kommen Kinder und Frauen, die sich zu den Gesängen des orthodoxen Priesters Alexeij immer wieder bekreuzigen.
Das war schon damals so, erzählt einer, damals, als sie in die Gefangenschaft gegangen sind, traten immer wieder Frauen aus dem Spalier und machten über den Kriegsgefangenen das Zeichen des Kreuzes.
- C Atmo kurz hoch
TEXT
Die Männer des Dorfes stehen am weitesten abseits, betrachten die Österreicher, die diesmal fotografierend, sammelnd, Kaffee verschenkend, betend und suchend in ihr Dorf gekommen sind.
Johann Kollmann kniet mit einer kleinen Gartenschaufel am Boden.
A OT
Ich habe mir Erde mitgenommen, vom Mamai-Hügel, und von da, jetzt geb ich sie wieder zurück. – Das ist von dort wo sie das letzte mal österreichischen Boden betreten haben. Im Brucker Lager ist die 297. ausgebildet worden. Die Erde ist von Bruck an der Leitha, die habe ich mitgenommen, von da nehm´ ich die Erde wieder zurück. Ich habe da Gläser zuhause, da habe ich von jedem Land immer die Erde mitgenommen.
A OT • C Atmo weg
Es liegen Italiener, es liegen Rumänen, es liegen Russen, es liegen unsere Österreichischen Soldaten und Deutsche. Ich habe für jeden dieser Toten ein Gebet gesprochen und ein Kerzerl angezündet. Und jetzt ist in meiner Seele ein bißchen Ruhe eingekehrt. Ich mach das für alle, die hier ihr Leben gelassen haben.
B Atmo Kinder
TEXT
In der Dorfschule, gleich nebenan, warten die Kinder. Und werden mit Kulis, Kaugummis und Fußbällen beschenkt.
Im Gang hängt ein Plakat – wie man mit Minen und anderen explosiven Fundgegenständen umzugehen hat, die rundherum da sind – wie auch die Kürbisse im Garten.
Ein kleines Mädchen ist noch alleine in der Klasse und möchte die Geschenke alleine in seiner Schultasche verpacken. Sie wird immer wieder von den hereinströmenden Besuchern beschenkt. Der Teddybär hat schon längst nicht mehr Platz. Ihr Gesicht zeigt ein verwirrtes, ungläubiges Staunen. „Olga“ haucht sie zum x. mal auf die Frage, wie sie denn heiße.
Nur die junge Physiklehrerin will den Kaffee wirklich nicht mehr.
A Atmo Schule
B OT
Die Schule war sehr nett, haben sich sehr bemüht, mit den vorhandenen Mitteln das bestmögliche zu machen. Man sieht auch, daß die Lehrer noch sehr viel Autorität haben und auch die Kinder sind sehr lieb und schön gekleidet. Ich meine, sie haben sich sicher für uns den Sonntagsstaat angezogen. Aber die Bemühung zählt schon sehr viel. Und es ist wertvoll, wenn wir ein bißchen die Schule unterstützen, weil die Jugend die hier jetzt zur Schule geht, ist schon die nächste Generation, die den Krieg vermeiden kann.
OT
Und dann habe ich auch eine Kreide genommen und habe auf die Tafel geschrieben meinen Namen, das wurde auch von dem Mann, der uns verfolgte und Aufnahmen machte, fotografiert, habe geschrieben Schabler, habe geschrieben, damit die Kinder angesprochen: Vergeßt den Fußball nicht. Immer wieder Austria, Austria. Ich weiß Sport bringt die Jugend, Sport bringt die Menschen, und Sport bringt Frieden. – Fußball ist Blödsinn, das ist das blödeste Spiel – Kinder vergeßt den Fußball nicht, immer wieder Austria, Austria, Austria.
TEXT
Ob die Kinder wissen, warum Besuch gekommen ist?
B OT
Daaa –
TEXT
Alles sei sehr schön gewesen – Die Österreicher hätten eine Gedenkstätte gebaut und sie seien hierher gekommen, um die Gefallenen zu ehren. –
Wie ein Heuschreckenschwarm sind wir über dieses Dorf hergefallen, nur eben nicht plündernd.
B OT
So, wir gehen jetzt zurück zu den Bussen und dort werden wir Picknicken. Es werden die Pakete ausgeteilt. Sollte jemand keinen Appetit haben, könnt ihr das der Bevölkerung geben. Also auf zu den Bussen …
- OT wird Atmo
TEXT
Beim nächsten mal werden die Österreicher nicht nur neue Schulbänke mitnehmen, sondern auch ein Denkmal. Die Reise der 140 Veteranen soll diesem Projekt auch menschliches Gewicht verleihen.
A OT
Wir gehen mit unserem Denkmal nach Petschanka. Petschanka ist jener Ort, der für uns Österreicher von Bedeutung ist, dort ist die 297 ID zugrunde gegangen. Mitten in dieses Gebietes hinein. Dort wo das Denkmal aufgestellt werden soll, war ein Friedhof, da hat der Volksbund die Toten ausgegraben und umgebettet. Und auf dieser Fläche, wo der Friedhof war, werden wir dieses Denkmal hinbauen. Das ist der Österreichbezug, der hier unmittelbar gegeben ist. Das wollte ich noch kurz ergänzen.
B OT
Wanns jetzt zum Krieg wieder kommt, haben wir Kleinen wieder nicht die Schuld, das sind die Großen, die Kapital draus schlagen wollen. Komm reich mir Dein Hand, wir wollen Frieden und Freiheit“, das habe ich auch auf Russische gesagt. Wenn das das russische Fernsehen noch zeigt, weiß ganz Rußland was wir da wollen überhaupt. Nicht, das will ich noch damit sagen, also wirklich, der Frieden soll an oberster Stelle stehen.
A Atmo Musik in letztes Wort
TEXT
Das mit dem Denkmal ist so eine Sache. Der erste Versuch, ein Österreichisches Kriegerdenkmal nach Wolgograd zu schicken, endete im Eklat. „Bitte um ewigen Frieden in russischer Erde für die hier gefallenen Soldaten aus Deutschland, Österreich und allen anderen Nationen“, so sollte die Inschrift lauten. Das war selbst den Russischen Stellen bei Tauwetter zuviel. Der Schluß war nicht vermessen, daß mit den anderen Nationen eher die Verbündeten des Deutschen Reiches gemeint waren, als Russland selbst.
Mittlerweile haben die Initiatoren gelernt, das Personenkomitee 50 Jahre Stalingrad, mit Mitgliedern vom Minister bis zum Kardinal.
Die Gedankenlosigkeit wird nun korrigiert und mit sozialer Hilfe kombiniert.
Eine Wolgograder Studentin hätte nichts gegen ein Denkmal.
B OT
Übersetzung
Das würde wirklich gut sein. Es ist aufregend! Ich glaube, unsere Leute mögen das!
Meine Großeltern waren im Krieg, sie waren Soldaten, sie wird das sicher interessieren.
TEXT • A Atmo weg
Im Juni 1996 wird es nun doch soweit sein, der Wolgograder Bürgermeister sagte zwar „Njet“, nicht bei uns, 30 km weiter stimmte der Bürgermeister des 500 Seelen-Dorfes Petschanka der Errichtung zu. Das aus Stahlplatten bestehende Objekt soll mit seinen zehn Metern Höhe einen Blickfang in der Steppe darstellen, und es wird sogar leben. Denn die Stahlplatten werden rosten – in rund 120 Jahren wird nach den Berechnungen nichts mehr davon übrig sein.
Peter Fichtenbauer ist Kurator des Personenkomitees 50 Jahre Stalingrad.
A OT
Der jetzige Text ist um einigen Nuancen geändert, hat aber nie eine andere Inhaltstendenz gehabt, als die, daß es einfach so ist, eine österreichische Initiative, daß allen Opfern von Stalingrad gedacht wird.
B OT
Mein Mitgefühl bezieht sich zum Großteil gegenüber meinen ehemaligen Feinden den Russen. Aber inzwischen ist mir – schon während der Dienstzeit beim Deutsche Mitlitär die Erkenntnis gekomme, warum soll ich den Menschen erschießen, den ich garn nichgt kenn. Der vielleicht Frau und Kind hat. Ich war damals 20 Jahre alt. Diese Gedanken habe ich 1941 schon gehegt. – Applaus.
A OT
Ich muß noch hinzufügen, daß die Russen eigentlich die ersten waren, und vorzüglicher behandelt werden sollten, nicht daß man unsere drauf schreibt, sondern vorzüglich auch die russischen. Die haben wirklich einen Vaterlandskrieg geführt, und natürlich ist es ihr volles Recht und ihr Stolz, weil sie haben den Krieg nicht angefangen. – Was haben die angefangen – Na ja, das war eine militärische Strategie. Selbst wenn wir nicht einmarschiert wären, wäre Stalin einmarschiert, der hat schon Geheimbefehle erteilt, wenn man das Buch Oberst Socharow liest. Man hat den Grundtein zum 2. Weltkrieg schon im 1. gelegt. – Ja wissens, ich hab das ganze durchschaut. – Der was a weng denkt hat, der hätte damals schon sagen können, der krieg ist verloren, im 44. Jahr.
C Atmo Speisesaal (OT abfangen)
B OT
Für jemanden, der in Gefahr geraten wäre, in Bezug auf kriegerische Auseinandersetzungen etwas positiv daran zu finden, gibt es keinen besseren Kurort für diese Geisteskrankheit, als das Schlachtfeld von Stalingrad aufzusuchen.
A OT & Atmo
Die andern 11 Helden sind gefallen. Da hilft ihnen jetzt kein Denkmal nicht mehr. Kräht kein Hahn mehr danach.
- C Atmo hoch
TEXT
Vor der Eingangstür des Speisesaals im Hotel, dort wo die Prostituierten mit der Hotelwache streiten, grüßt stumm der Deutsche Soldat. Symbolisch, in Form eines Stahlhelms mit sieben Einschußlöchern.
Drinnen begießen österreichische und russische Veteranen die neue Freundschaft mit Wodka und Champagner.
Es ist ein herrliches Bild. Unsere Österreicher, dazwischen die Russen mit all den Auszeichnungen, wie wir sie von der Sowjetzeit noch kennen.
B Atmo Strauß-Walzer
TEXT
Das Denkmal steht kurz vor der Errichtung. Und wenn ma jetzt noch die Reblaus spielen, dann hammas.
- B Atmo hoch
TEXT
Die Veteranen sitzen mit ihren ehemaligen Feinden an einem Tisch und klopfen sich auf die Schultern. Jeder von ihnen hat gekämpft, und jeder weiß es noch.
A OT • B Atmo weg
Dann muß ich noch etwas erwähnen. Das erste mal bin ich von der damaligen NKWSD verhört worden – welche Waffengattung, ich war bei der 297 Jägerdivision. Da frug er mich, welche Waffengattung, schweres Maschinengewehr. Da frug er mich „Skolka tschelowek strelati“. Heißt wie viele Menschen hast du erschossen. Ich habe darauf geantwortet: ich weiß es nicht, man kann´s ja nicht zählen. Da hab ich die erste Ohrfeige bekommen. Die zweite war fällig, als ich gesagt habe, vielleicht 100. Dann habe ich nichts mehr gesagt, schweigend zugehört. Was ich gemacht habe, ich war Munitionsbeibringer dann habe ich 3. Ohrfeige bekommen.
B OT
Auf meinen Papa bin ich sehr stolz, auf meinen Papa bin ich sehr stolz, Vinzent Grisser, Ziehvater. – Weil er ein offenes und ehrliches Wort hat. Über die ganze Sache hier in Stalingrad. Ich hab den noch nie in meinem Leben einen aufrechteren Menschen gesehen. Ich bin ein Burgenländer. Aber was er nachgesagt hat, kann ich nur nachfühlen, was Sie gesagt haben – brauchst nicht Sie sagen, bist ein Kamerad. Vizeleutnant in Ruhe, nah is ja wurscht, …
A OT
Ich möchte noch sagen, das da draußen war so erdrückend, daß mir die Tränen gekommen sind. So ein weites Land ist Rußland wirklich. Die Hügeln und die Löcher, wo sich die Soldaten den letzten Schuß abgegeben haben, das habe ch so traurig in Erinnerung. Mir tut es nicht leid, daß wir diese Reise gemacht haben. Das war wirklich so beeindruckend, weil man hört Stalingrad, dort ist Krieg, man sieht´s auch in der Wochenschau hie und da no, aber wenn man es sieht. Es ist der größte Frieden., Die Wolga hier in Stalingrad äh Wolgograd. Man sagt oft, wenn man nach Wien fährt, muß man die Oper sehen. Wannst nach Rußland fährt, mußt Stalingrad sehen. Jeder der mit war, war die Reise das wert.
B OT
Am besten man redet nicht immer, sondern man handelt richtig, daß man den Frieden gemeinsam hervorruft, da müßte man gemeinsam in Frieden leben
A Atmo Musik
TEXT
Gelegenheit zur Völkerverständigung finden die Veteranen in einem Kosakendorf. Mit Tanz, Musik und Wodka werden sie empfangen.
- A Atmo hoch
B OT • A Atmo zart weg
Ich hab was Warmes gekriegt. Ja so halbwegs ist es gegangen. Ja sicher die sind gastfreundlich, dahinten warnma, die haben uns soviel Wodka gegeben, das schier ist. Gesungen mit ihnen. Und Fotografiert haben wir soviel. Und die Buben so schön Pfeifen können, des is a Wahnsinn. – Ein sehr gutes Volk ist das. MIr als russischer Gefangener ist nicht mehr sowas untergekommen wie die Kosaken da.
Und witzig, witzig sind sie auch, und kann man ihnen reden über alles. Ich kann etwas Russische, und ich habe mit ihnen gesprochen. Die haben mich abgeküßt die jungen Frauen, des ist a Wahnsinn.
A OT
Brrrr – Die bringe ich nächstes Jahr nach Österreich, die ganze Gruppe. Kein Problem, keine Problem. – Die kleine Nase. und die kleine Nasen. Drei kleine Nasen.
C Atmo Musik
A OT
Ich hab keinen Film mehr, jetzt habe ich 36 Aufnahmen gemacht.
B OT • C Atmo weg
Ich war vor 2 Jahren auch hier, und da habe ich mir ganz was anderes vorstellt, daß sie uns irgendwie belästigen. Nein, die sind uns entgegengekommen, dadurch habe ich sooo einen Zutritt und Vertrauen und Gemeinschaft. Ich habe damals die 5 Jahre Gefangenschaft weggesteckt.
OT
Mir ist die Gänsehaut über den Rücken gelaufen. Ich war an den Stellen, an denen ich im Eisatz war. – Haben Sie die Stellen wiedererkannt? – Ja, nicht genau, aber es stimmt. Ich habe auch ein Souvenir gefunden, einen Granatsplitter. Nach 53 Jahren den Platz sehen, wo man damals im Leid leben hat müssen.
(-) Schnittmöglichkeit
Von dort ist dann der Rückzug angegangen. Ich war in der Artillerienachricht, wir haben den Fernsprechwagen gesprengt, dann zurück durch die Balkas. Auf der Straße rein nach Stalingrad Süd. Immer mit einem Geschütz mit einem LKW von der Infanterie, das haben wir auch verloren, dann war´s nur mehr wilder Haufen, bis rein wo der Obelisk steht, zum Kaufhaus. Wir haben nicht gewußt, daß dort Gefechtsstand ist. In einen Keller rein, dann ist an der Stirnseite ein Funkwagen gestanden. Ein Lautsprecherwagen. Und das war die Rede von Göring. Die Aufgabe der 6. Armee. Und dann haben wir gewußt, was los ist .
A OT
Wir kennen ein gewaltiges heroisches Lied von einem Kampf ohne gleichen. Es ist der Kampf der Nibelungen. Auch sie standen in einer Halle von Feuer, aber kämpften bis zum letzten. Und jeder Deutsche wird in 1000 Jahren noch mit heiligem Schauer das Wort Stalingrad aussprechen und sich daran erinnern, daß dort der Stempel zum Endsieg gesetzt worden ist.
B OT
Und in der früh sind die Russen draussen gestanden, dann hieß es alles raus. Antreten. Die Russen haben gesagt, nichts passier Euch, ihr seid freie Menschen. Aber das war nicht wahr. Uns hat man die Uhren abgenommen. Am Schluß waren wir halt dann 2000 von 40000.
TEXT
Viele der Veteranen widerlegen auf dieser Reise das Klischee von Kriegsbegeisterung und kollektiver Unschuld. Auf der anderen Seite zeigen die Organisatoren der Reise durchaus ein gerüttelt Maß an Eigenwilligkeit, wenn es ihrem Vorhaben dient, ein Denkmal zu errichten. Bei unserer Ankunft in Wolgograd wurde die gesamte Führungsriege des Personenkomitees 50 Jahre Stalingrad von Limousinen General Rochnins erwartet, dem Kommandierenden der Kaukasusarmee, jener Armee, die in Tschetschenien einmarschiert ist. Der General sei ein Mann, der wisse, was Leben und Sterben heisse, bemerkte ein Vertreter des Personenkomitees. Es ist das Generalstabsmäßige, was irritiert.
Rezepte habe ich auf dieser Reise viele gehört, und manchesmal Verbitterung.
A OT
Die Menschheit ist genauso wieder verblendet, weil die Generationen nix dazu gelernt haben. Tut mir leid, daß man das sagen muß. Die Alten sterben ab, die Jungen wissens nicht, nehmen es nicht zu kenntnis. Wir sind in ihren Augen veraltert und verkappt, und verkalkt. Nach ihrer Ansicht. Die könnens nicht glauben, müssen wieder sowas erleben.
OT
Ich geh von Stalingrad weg mit einem fürchterlich schweren Herzen, ich glaube es wäre sehr gut, wen viele Leute herkommen und das mit eigenen Augen sehen. Die Wund ist nicht geschlkossen, die Erde blutet nach wievor. Wenn Menschen Menschen hierherkommen mit dem innigen Wunsch ich muß das sehen, ich werde vioelleicht daduurch geläutert, ich werde fü den Frieden kämpfen, so gut ich es kann, ich vermag.
OT
Im Krieg ist es so, daß mit Semmelknödel nicht geschossen wird. Das ist die Härte des Lebens. Wie gesagt, wir kleinen Menschen können ja nichts dafür. Ich sage immer wieder, aus der Not der Zeit ist die deutsche Nation geboren, wir haben ja den Geist rege haben müssen. Laßt endlich mal die Toten ruhen, das Zeitrad der Geschichte dreht sich weiter.
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Und auch das gibt´s zu hören. Friede sei erst, wenn der letzte Krieger gestorben ist. Ein geflügeltes Wort. Friede ist dann, wenn es auch für uns einfach ist – zu vergessen, zu verstehen, aber auch zu verdrehen. Zu vergeben haben wir ja in diesem Falle nichts.
Das letzte Wort den Veteranen – die Moral zum Schluß:
B OT
Die Gaunerei lebt, und der Ehrliche geht unter. Der Russe hat genauso draufgezahlt – Was steht uns heute noch bevor – Ich möchte sagen, man soll daraus lernen und klüger werden. – Ich habe das Gefühl, unsere Politiker haben uns schmählich verraten – Ja das auf jeden Fall, das auf jeden Fall!
ENDE