11. Sep 2007 | Journal Panorama, ORF, Österreich 1, Premium, Radioproduktion
Was kostet ein Sitzenbleiber? Es gab eine Zeit, in der Bildung als grundsätzliche und unantastbare Bedingung für die Bezwingung des Wilden ins uns gesehen wurde. Heute wird Bildung fast ausschließlich in Kosten-Nutzen-Rechnungen an ihrer Auswirkung im Bruttoinlandsprodukt gemessen, verglichen im globalen Wettbewerb. Es zahlt sich demzufolge in unseren Breiten aus, schon in die Bildung von Kindergartenkindern zu investieren, allenfalls in die Erwachsenenbildung, die Alten hingegen werden möglichst kostengünstig allenfalls noch etwas bei Laune gehalten. Leise aber beharrlich entstand in den letzten Jahren ein neues ökonomisches Forschungsgebiet: die Bildungsökonomie. Eine Sendung über die Suche nach dem Wert der Bildung.
Manuskript (ohne letze Änderungen)
JOURNAL PANORAMA: BILDUNGSÖKONOMIE
Lothar Bodingbauer
PRESSETEXT
Bildungsökonomie: Sei gescheit, mein Teuerster!
Es gab eine Zeit, in der Bildung als grundsätzliche und unantastbare Bedingung für die Bezwingung des Wilden ins uns gesehen wurde - wie auch immer das geschah. Heute macht Effizienz auch vor Bildungsfragen nicht halt. Der Bildungserfolg wird in Kosten-Nutzen-Rechnungen an seiner Auswirkung am Bruttoinlandsprodukt gemessen, verglichen im globalen Wettbewerb. Es zahlt sich aus, schon in die Bildung von Kindergartenkindern zu investieren. Leise aber beharrlich entstand in den letzten Jahren ein neues ökonomisches Forschungsgebiet: die Bildungsökonomie. Ein Journal-Panorama auf der Suche nach dem Wert der Bildung – von Lothar Bodingbauer.
ANMODERATION
Menschen, die im Bildungswesen arbeiten, reagieren auf bildungsökonomische Fragen oft äußerst allergisch. „Immer nur nach dem Nützlichen zu fragen, ziemt sich gar nicht für großzügige und freie Menschen“, wird Aristoteles zitiert, wenn es um die Frage nach der Effizienz von Bildungsmaßnahmen geht. Seit einigen Jahren machen aber wirtschaftliche Optimierungsversuche auch vor Bildungsfragen nicht halt. Der Bildungserfolg wird in Kosten-Nutzen-Rechnungen an seiner Auswirkung am Bruttoinlandsprodukt gemessen, verglichen im globalen Wettbewerb. Leise aber beharrlich entstand ein neues ökonomisches Forschungsgebiet: die Bildungsökonomie. Hören Sie dazu jetzt ein Journal-Panorama auf der Suche nach dem Wert der Bildung – von Lothar Bodingbauer.
BEITRAG
Mikrofon / 0:24 Text
Jeder, der einmal in der Schule war, ist in Österreich ein Bildungsexperte, und jeder, der einmal Geld ausgegeben hat, ein Ökonom. Wer beides tat, ist Bildungsökonom. So könnte man überspitzt die Verwirrung auf den Punkt bringen, die derzeit in Österreich um den Begriff „Bildungsökonomie“ herrscht. Dabei ist es doch so einfach. Man muss nur den richtigen fragen.
CD-1 / 1 0:37 Mailbox Lückl - Bildungsministerium
(Mailboxsignal: Kling - Heute, 10 Uhr 35): Grüß Gott, Herr Bodingbauer, Lückl Bildungsministerium. Sie haben gestern versucht, mich zu erreichen. Betreffend Ihre Anfrage, was für Kosten für den Staat anfallen beim Sitzenbleiben eines Schülers einer Schülerin liegen beim Bildungsministerium keine derartigen Zahlen aus entsprechenden Erhebungen vor. Eventuell könnte die Bundesanstalt Statistik Österreich dementsprechendes Zahlenmaterial für Sie bereitstellen. Mit freundlichen Grüßen, Lückl Bildungsministerium.
Mikrofon / 0:23 Text
7700 Euro kostet einmal Sitzenbleiben im Durchschnitt in Österreich der öffentlichen Hand. Was immer man mit dieser Zahl anfangen will. Sie ist auch im Statistischen Zentralamt nicht leicht zu kriegen - die sonst alles haben, was in Österreich Daten verursacht. Was kostet ein Schuljahr dem Staat? Vielleicht ist diese Frage einfach nicht interessant?
CD-2 / 1 0:2 OT Kurt Scholz
Die Ökonomie ist unser Schicksal...
Mikrofon / 0:5 Text
... sagt Kurt Scholz, der frühere Wiener Stadtschulratspräsident ...
CD-1 / 2 0:46 OT Kurt Scholz
und auch ich bin der Meinung, dass man jeden Euro, der in das Schulwesen investiert wird, genau anschauen und umdrehen soll. Man soll wissen, was Unterrichtsstunden kosten, was die Absage von Unterricht kostet, man soll durchaus ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass das Schulwesen der zweit- oder drittgrößte Budgetbrocken überhaupt im Bundesbudget ist. Dafür soll man ein klares Bewusstsein haben. Davon trennen möchte ich allerdings eine Schule oder eine Pädagogik, die nur mehr unter dem Diktat der Zahlen steht. Derzeitig haben wir eine schleichende Entwicklung, in die Richtung, je billiger, desto besser organisiert ist das Schulwesen. Und dagegen muss man schon gewisse Einwände haben.
CD-2 / 2 1:19 ******** Mix Abendschüler
Ja, es hat mit meinen Eltern auch zu tun. Ich soll machen was ich will. Sie können mich nicht zwingen dazu. Das war beste, was sie machen haben können. So bin ich selbst immer wieder auf die Schnauze gefallen, rausgehaut worden, da passt es nicht. Und so bin ich selbst draufgekommen, wie wichtig die ganze Ausbildung da ist, dass man die ganze Ausbildung hat und so. --- Es war so, dass ich mit 14, 15 Interessen entwickelt haben, die sich mit der Schule nicht überschnitten haben, Musik, selber Musik machen, ich dachte mir, das Wissen, das mir in der Schule übermittelt wird, kann ich mir selber über das Internet beizubringen, zumindest die Sachen, die mich da interessieren. Das war aber nicht ausreichend, um positiv abzuschließen, und darauf bin ich zwei mal in der 6. Klasse durchgefallen. --- Ich habe Konditor gelernt, dann auf Patisserie umgestiegen, und habe in besseren Hotels gearbeitet, was furchtbar anstrengend war, ich habe aber was gesehen von der Welt, habe Geld verdient, jetzt kann ich mich zwei Jahr hinsetzen, arbeiten, was nicht so interessant ist, einfach nur sitzen, und die Schule machen.
Mikrofon / 0:26 Text
Das war die Sicht von drei Wiener Abendschülern, die im zweiten Anlauf die Matura machen. Jeder von ihnen hat zwei Schuljahre a 7700 Euro in den Sand gesetzt. Auch Manfred Adlmanseder hat dem Staat mehr gekostet als der Durchschnitt. Er hat Russisch studiert, Doktorrat, dann Jus studiert, zweites Doktorrat. Jetzt ist er Finanzchef einer bedeutenden Maschinenbaufirma, exportorientiert.
CD-1 / 3 0:11 OT Manfred Adlmanseder
Es ist durchaus ein Vorteil, wenn man in einer Führungsposition zum Telefon greifen kann, um den Direktor eines Unternehmens anrufen kann und sich mit ihm in seiner Sprache zu unterhalten...
Mikrofon / 0:12 Text
Ein Vorteil, der aber ziemlich teuer war. Stichwort Bildungsökonomie: hätte der Staat Ihnen nicht einen Sprachkurs zahlen können, musste es ein Russischstudium sein, anders gefragt:
CD-2 / 3 0:58 OT Manfred Adlmanseder
Wo liegt der Vorteil für die Volkswirtschaft, dass Sie als Finanzchef Puschkin gelesen haben? --- Schauen Sie, Puschkin mag ein Privatvergnügen sein. Nur stellen Sie sich vor, ein Abendessen mit Geschäftspartnern in Moskau. Sie sitzen zusammen, im Cafe Puschkin, ich war erst letzte Woche dort im übrigen. Man plaudert, unterhält sich, parliert in Russisch. Natürlich kommen Themen wie Literatur, Musik. Ja was glauben Sie, wir können nicht als exportorientieres Land in der Führungsebene eines Unternehmens auftreten, wenn wir hier nicht mitreden könne. Bildung, auch schöngeistige Bildung, Musik Malerei, sind ein gemeinsamer Bestandteil Europas. Und ich sage es ihnen ganz ehrlich, für Geschäftsabschlüsse nicht gerade schlecht, wenn man ein bisschen was davon versteht.
Mikrofon / 0:17 Text
Da ist doch etwas gut gegangen - beim Einzelnen. Bildung wurde eingekauft, von ihm, vom Staat, das Ergebnis lässt sich sehen. Das könnte doch eine schöne Verbindung ergeben: die Bildung und der Markt, fragt Lorenz Lassnig, Institut für Höhere Studien.
CD-1 / 4 2:4 OT Lorenz Lassnig
Was wäre, wenn man Bildungswesen organisieren würde, nach Marktwirtschaft. Dass Bildung eine Ware wie jede andere auch. Wohnungen, Brot. Hier gibt es eine wesentliche Unterscheidung: diese Unterscheidung ist mit privaten und sozialen Erträgen verbunden. Hier wird untersucht, in wie weit durch Bildungsinvestitionen private Erträge erzielt werden, Ertrag gemessen in Einkommen mit bestimmten Bildungsabschluss. Ergebnisse: Rendite in Bildung gleiche Höhe wie bei normalen Kapitalinvestitionen. Aktienfonds kauft - Wenn der Staat investiert, oder wenn der einzelne Bürger investiert. - Das ist unabhängig, Investitionen egal woher sie kommen. Was kann man daraus politisch schließen. Bildungsökonomie hat einen starker Trend, die Hochschulbildung mit hohen Erträgen auf private Investitionen aufbauen soll, wohingegen man die allgemeine Bildung nicht auf privaten Investitionen aufbauen soll, hier soll man nicht nach ökonomischen Erträgen schauen, sondern hier gibt es wesentliche Aspekte, die über den Markt heraus eine Rolle spielen: sozialer Zusammenhalt, Kinder aus verschiedenen sozialen Schichten gegenseitig kennen lernen, dass man eine gemeinsame Kultur schafft und so weiter.
Mikrofon / 0:40 Text
Hier gibt also die Ökonomie der Politik die Hand. Dieses Gemeinsame im Staat ist nämlich nicht ganz freiwillig, sagt Lorenz Lassnig. Fehlender sozialer Zusammenhalt kostet der Volkswirtschaft Wirtschaftswachstumspunkte. Damit sind wir weg vom Einzelnen. Jede Investition in die Bildung rechnet sich für das Individuum und für den Staat, und zusätzlich entsteht ein Gruppeneffekt, wenn besondere Bildung vermittelt wird: vernetztes Denken, Teamwork. Das bringt dem Individuum selbst nicht viel, aber dem Staat sehr wohl. Und zwar ebenso viel, wie die Arbeitsleistung selbst, sagt Lorenz Lassnig - Zur Sicht der Wirtschaft nun.
CD-2 / 4 2:11 OT Claus Raidl
Was braucht Böhler-Uddeholm?
Mikrofon / 0:6 Text
Eine Frage, die Claus Raidl, der Vorstandsvorsitzende von Böhler Uddeholm beantwortet.
CD-1 / 5 1:50 OT Claus Raidl
Wir brauchen gutausgebildete Controller, gut ausgebildete Diplomingenieure, die sowohl in der Forschung einsetzbar sind in Produktion, Vertrieb, Produktentwicklung, wir brauchen gutausgebildete Juristen, wir brauchen gut ausgebildete Marketingleute. Finanzleute, die wissen, wie man Unternehmen billig finanzieren kann, wissen wie Kapitalmarkt funktioniert, die Börse funktioniert. Wenn ich es aus meiner kleinen Sicht von Böhler-Uddeholm sehe, so verlange ich, erwarte ich vom Bildungssystem, dass diese Qualifikationen auf den Bildungseinrichtungen vermittelt werden, Universitäten. Fachhochschulen, berufsbildenden Schulen; HAK, dass dort diese Qualifikationen vermittelt werden, die mir helfen, dass sich Böhler-Uddeholm sich im Wettbewerb besser behauptet. Denn wenn Sie bessere Dipl.Ing. für neue Produkte habe, für Forschungen, Ergebnisse aus Forschung, und Ergebnisse aus der Forschung, wenn Sie bessere Mitarbeiter haben für Finanzierungen, dann werden Sie einen Konkurrenzvorteil haben. Daran gibt es ein doppeltes Interesse, das Interesse des Individuums, man soll doch um Gottes willen einem Jungen Menschen mit 10 oder 12 Jahren durch die Auswahl seiner sekundären Ausbildung den Weg zu einer höheren Bildung versperren, das ist die individuelle Sicht, auch die Sicht der Wirtschaft ist, wir müssen ein Interesse haben, dass die Begabungen der jungen Menschen wirklich alle zur Entfaltung kommen, denn wir können die alle brauchen.
CD-2 / 5 1:22 ******** Mix Große Menschen
Ja, Bildung ist ein großer Begriff, aber was ich schon von klein auf gemerkt hat, meine Eltern, meine Mutter speziell auch, dass wir am Abend Bücher, vorlesen, mag sein, dass es bei anderen Bauern nicht selbstverständlich war --- Meine Mutter hat immer gesagt, wir haben nicht so viel Geld, aber alles was ich an Geld habe, investiere ich in Eure Ausbildung. --- Schule losgegangen ist, ist sehr gefördert worden, eine kleine Schulbank bekommen, da kann ich Hausübung machen, das ist von meiner Mutter sehr gefördert worden. --- Selber schwere Jugend gehabt,. hätte sicher mehr aus mir machen könne, wenn ich ein gescheiteres Elternhaus gehabt hätte, da habe ich gesagt, solche Fehler dürfen nicht passieren, das muss einfach hinhauen --- und mein ältester Bruder war ein Jahr in USA als Student, später draufgekommen, Eltern haben Kredit aufgenommen - später als er älter wurde, haben wir ein Terrarium gehabt, heimische Fischarten, Schlangen. Und da musst halt mit dem Kind machen. Ihm hat es gefallen, mir hat es gefallen, das war wirklich was ganz was Schönes.
CD-1 / 6 0:6 OT Gudrun Biffl
Wieviel Bildung lässt man wem zukommen, auf wieviel Bildung hat man Rechtsanspruch?
Mikrofon / 0:5 Text
Fragt die Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl vom Wirschaftsforschungsinstitut.
CD-2 / 6 0:58 OT Gudrun Biffl
Da komme ich jetzt von der Arbeitsmarktseite und sage, die Wirtschaft und auch daher die Gesellschaft braucht ein ganz bestimmtes Qualifikationsniveau der Menschen, um bestimmte Produktionsprozesse meistern zu können. Es ist durchaus sinnvoll, in einer Situation, wo ich eine Technologie habe, wo ich eine große Zahl von standardisierten Fähigkeiten brauche, also die Industrialisierungsphase, dass man ein Bildungssystem hat, das genau diese standardisierten Qualifikationen im hohen Maße für den Markt produziert. Wenn sich aber jetzt unser Wirtschaftssystem wegbewegt von diesen Qualifikationsprozessen, über Globalisierung, über die technologische Entwicklung, und wir sind ein reiches Land, dann müssen wir uns überlegen, dass wir die jungen Menschen in die Qualifikationen hineinbringen, die sie dann brauchen für die nächste wirtschaftliche Entwicklungsstufe. Und da haben wir gewisse Probleme in Österreich.
CD-1 / 7 0:6 OT Hannes Eichsteininger
Es gibt Schüler, die braucht niemand. Das sind gar nicht so wenige.
Mikrofon / 0:5 Text
Hannes Eichsteininger, Lehrer an der Polytechnischen Schule in Ried im Innkreis.
CD-2 / 7 0:39 OT Hannes Eichsteininger
Es ist ja das Problem in Österreich, dass es den Hilfsarbeiter, der früher an der Maschine gestanden ist und den Hebel umgelegt hat, nicht mehr gibt. Dadurch bleiben die Leute, die in diesem Bereich gearbeitet haben, die bleiben wirklich über. Die werden mitgeschleppt, Arbeitsloseninitiativen. Aber auch diese Unterstützungen laufen aus, wenn 18-19. Und das ist ein ungelöstes Problem, da ist Geld alleine nicht die richtige Lösung. Da können sie die Firmen mit Geld zuscheissen, die werden diese Leute nicht einstallen. Hier haben wir ein Arbeitslosenproletariat, das niemand benötigt.
CD-1 / 8 0:34 OT Gudrun Biffl
Österreich selektioniert. Wir selektionieren so, dass ein relativ großer Anteil an Jugendlichen nicht in Lage versetz wird, außer zu extrem hohen individuellen Kosten, auch Selbstmotivation Externistenmatura, Berufsreifeprüfung neben Erwerb ist nicht so leicht , das heisst es wird eine Gruppe abgesagt, die gar nicht einmal vorgesehen sind für die univistäre Ausbildung.
CD-2 / 8 0:9 OT Ursula Müller
Im allgemeinen kann man es in der 3. Klasse schon sagen, ob es ehr gute Schüler sind, und die gehören in ein Gymnasium, oder ob es eher durchschnittliche Schüler sind oder unterdurchschnittliche.
Mikrofon / 0:4 Text
Ursula Müller, Volksschuldirektorin in Altheim, Oberösterreich.
CD-1 / 9 1:3 OT Ursula Müller
Da tut sich noch so viel, es gibt natürlich die Kinder, bei denen man es vom 1. Schultag an sieht, die so kompetent sind. Bei uns am Land hängt es noch stärker vom Familienhintergrund ab, weil für die Kinder die Belastung des Fahrens dazukommen, wenn sie nach Braunau oder Ried fahren müssen, sie 16 und 20 km Bus fahren, das ist für 10-jährige nicht unbedingt lustig, schon manchmal, erste Tragödien im Bus ab, es gibt auch diese Kinder, es ist eine Belastung. Wenn die Eltern selbst ins Gymnasium gegangen sind, und viel davon halten, werden sie die Kinder entsprechend persönlich stärken, dass diese Belastung aushalten, wenn die Eltern sagen, wir sind in die HS gegangen, es ist aus uns etwas worden, diese Belastung tuen wir unseren Kindern nicht an, dann ist natürlich der Weg in die Hauptschule gezeichnet, wenn es sich um sehr gute Schüler handelt.
CD-1 / 9 1:11 OT Gudrun Biffl
Vererbung des Bildungsniveaus heißt, dass die Kinder das selbe Ausbildungsniveau haben wie die Eltern. Das sind in Österreich 52% der Schüler. Das heißt, wir selektionieren. Normalerweise sagen wir immer, unser Bildungssystem selektioniert nach Fähigkeiten und Begabungen. Ganz eigenartig, weil man im Endeffekt nicht danach selektioniert, sondern nach dem sozialen Status. Wenn man wirklich nach Fähigkeiten und Begabungen selektionieren wollte, muss man diesen gesamten sozialen Krimskrams entfernen, welches Potenzial hat dieses Kind, das muss man fördern, herausfinden, in welchem Maß kann das das Schulsystem machen, im welchen Maße das Elternhaus. Bei uns kommt die Förderung in hohem Maße aus dem Elternhaus. Daher haben es Kinder aus einem bourgeoisen Hintergrund es nun mal leichter, sich in diesem Bildungssystem zurechtzufinden, als Kinder die aus bildungsfernen Schichten kommen. Da können die Eltern einfach nicht den Beitrag leisten, und in Folge dessen fallen ihre Kinder automatisch zurück, weil das Schulsystem ihnen nicht diese Förderung angedeihen lässt, die diese Kinder bräuchten. Und das ist der Unterschied zu den nordischen Ländern.
Mikrofon / 0:5 Text
Sagt die Arbeitsmarktspezialistin Gudrun Biffl vom Wirtschaftsforschungsinstitut.
CD-1 / 10 1:18 ******** Mix Abendschüler
Als ich mit meinen Eltern in dieser Zeit diskutiert habe, wo ich nicht wußte, was ich machen soll, war mein Papa verständnisvoll, er hat gesagt, mach irgendwas, mach weiter, überleg dir was anderes meine Mama war stressig, sonst verlierst wieder ein Jahr. Und die Mischung aus beiden hat dazu geführt, dass ich es selber verstanden habe --- Im Gymnasium habe ich es versabelt, weil ich zu faul dazu war, und jetzt kann ich es, cih weiß, dass ich es kann, und das will ich mir beweisen. --- Und jetzt denke ich mir, das ist ja wirklich interessant was ist da wirklich passiert, lerne es anders als mit den Augen und Kopf als mit 16, nehm auch mehr mit, es zahlt sich auf jeden Fall aus, mit 20 die Abendschule zu machen als mit 18 die Matura. --- Bildung ist persönlich, will niemand was beweisen, mache Matura, weil ich Bandbreite des Wissens haben will, wenn man in einer Gesprächsrunde ist, und es geht um das und das, du hast eine Ahnung, worums geht, man muss zwar nicht mitreden können, aber ich verstehe, worums geht.
Mikrofon / 0:36 Text
Ein staatlich geplanter Bildungsweg, der es allen recht macht, ist schwierig. Die Startpunkte sind verschieden, die Wege verlaufen unterschiedlich, und die Ziele sind anders. Effizienz in diesem Zusammenhang bedeutet normalerweise, nicht den Lehrer schneller reden zu lassen, oder die Stunden zu kürzen oder zu verlängern, sondern ganz grundlegend den Storch aus den Startpunkten der Ausbildung zurückzudrängen, die Streuung in den Ergebnissen nicht allzu groß werden zu lassen, und auch durchaus darüber zu wachen, dass nicht einige zu effizient ihren Bildungsweg durchziehen.
CD-2 / 10 0:5 OT Walter Kiessling
Zu einem entscheidenden Kriterium bei der Beurteilung von Bildungssystemen ist der Output geworden.
CD-2 / 0:17 Text
Stellt der Bildungswissenschaftler Walter Kiessling fest. Er hat nicht immer Zeit, den Studenten ein Feedback zu geben, wie viel Zeit sie sich für ihre Seminararbeiten nehmen zu müssen, wie sie vom Copy und Paste, wie sie vom Plagiatsverhalten wegkommen können.
CD-1 / 11 0:26 OT Walter Kiessling
Zunehmend mehr Studierende ich sage jetzt einmal auch als Reaktion auf das gesellschaftliche Klima vermeiden Lernprozesse, die risikoreich sind. Wo nicht ganz klar ist, da ist der Anfang und hier ist das Ende, und dazwischen kann mir nichts passieren, da geht ein Schritt nach dem anderen und es gibt noch klare Zwischenetappen, sondern dass es sein kann, dass ich scheitere, zurück zum Start muss, aber zum Schluss kommt vielleicht etwas Neues heraus.
CD-2 / 11 0:38 OT Claus Raidl
Wir brauchen auf jeder Ebene eine Basis, die mindestens im obersten Drittel, bei diversen EU-Rankings ist. Es braucht aber jede Gesellschaft, und ich weiß, dass das vor einigen Jahren nicht möglich war zu sprechen, durch falsch verstandene Gleichheitsgrundsätze, es braucht jede Gesellschaft eine Elitenausbildung. Wichtig ist nur, dass sie jedem zugänglich ist, nicht an Geburt und Stand geknüpft ist, oder an irgend so was geknüpft ist.
CD-1 / 12 0:5 ATMO Kindergarten
(darüber nach kurzer Zeit folgender Text)
Mikrofon / 0:10 Text
Die Kinder im Montessori Kinderhaus in Wien wachsen in zwei Sprachen auf, das kosten den Eltern pro Nase und Monat 350 Euro pro Monat. Es zahlt sich aus...
CD-2 / 12 0:36 OT Lorenz Lassnig
Weil hier gibt es nach den neueren Ergebnissen der Bildungsökonomie relativ klare Aussagen, dass die Investitionen im ganz frühen Alter noch vor der Volksschule, am besten verwerten, die höchsten ökonomischen Erträge bringen. Wenn in diesem Alter eine gute Basis geschaffen wird, die Kinder die besten Möglichkeiten haben, von höherer Bildung und so weiter und von Hochschulbildung zu profitieren.
CD-1 / 13 0:48 OT Gudrun Biffl
Man muss so was wie Schlüsselqualifikationen in den Bildungssystemen anbieten, umfassende Ausbildungen, nicht notwendigerweise Spezialisierungen. Wir sind häufig auf dem Spezialisierungstrip. Du brauchst eine relative Breite der Ausbildung, um dann auch Berufsswitching betreiben können. Viele Berufe im Informations- und Kommunikationsbereich, Bereiche wo das Wissen nicht aufbauen ist, wo sprunghaft etwas anders gebraucht wird, man muss über die Fähigkeit zu verfügen, etwas anders anzufangen, nicht ganz unten. Das ist auf allen Bildungsebenen, fängt mit der Vorschule an, Volksschule bis hinauf ins universitäre System.
Mikrofon / 0:3 Text
Sagt Gudrun Biffl zu den Maßnahmen. Kurt Scholz:
CD-2 / 13 0:59 OT Kurt Scholz
Wir brauchen ein Schulwesen, das sich seine soziale Selektivität eingesteht, und nach diesen Bewusstsein, dass das Schulwesen starken stärker macht und schwachen fast nicht hilft müssten eine Fülle von organisatorischen Maßnahmen, finanzielle Maßnahmen, Maßnahmen die den Übertritt ins höhere Schulwesen erleichtern. Aber es muss immer ergänzt werden durch den Appell an den Einzelnen. Du musst wollen, du musst auch gegen Hindernisse höhere Bildung erreichen. Ich sehe derzeit in Österreich leider Gottes wenig Entwicklung in diese Richtung. Der Appell an die Opferbereitschaft ist nicht sonderlich populär und der Glauben an die Sozialmechanik, ich führe jetzt die Gesamtschule ein, und dann bricht das Paradies der Gerechtigkeit und der Gleichheit an, der ist in meinen Augen übergroß.
Mikrofon / 0:13 Text
Womit wir wieder Zuhause wären, in den eigenen vier Wänden. Wir erinnern und an die Rendite. Sie ist wie bei jeder Vorsorge dort am größten, wo am frühesten begonnen wird. Wir sind bei den Maßnahmen.
CD-1 / 14 0:52 OT Gudrun Biffl
Ich habe immer wieder versucht, über Au Pair aus dem englisch- oder französischsprachigen Raum kommen, nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur hereinzubringen. Sie haben nicht nur die Sprache gesprochen, sondern auch die Küche hereingebracht, sie haben Lieder gesungen. Sie sind unterschiedlich Probleme angegangen. Das heißt die Kinder sind multikulturell aufgewachsen, das hat sie in die Lage versetzt, so weiterzuarbeiten. man macht nicht irgend einen Tourismusurlaub, sondern man geht längere Zeit wohin, arbeiteten dort , machten bei Sozialprojekt mit. Kriegen mit, Menschen in verschiedenen sozialen Situationen. All das ist unglaublich wichtig, dass man sich in einer komplexen Welt zurecht findet.
CD-2 / 14 2:22 OT Kurt Scholz
An der Spitzte stünden bei mir nicht die Budgetzahlen, sondern etwas ganz altmodisches , sondern lachende Kinder, oder das Glück der Kinder. Das wäre etwas, wo ich sagen würde, das wäre ein Ziel des Schulwesens, dem ich alles andere unterordnen würde. Wenn ich einmal fröhliche, lachende, optimistische Kinder habe, Kinder mit Zuversicht, die ich nur habe, wenn ich Lehrer habe, die Zuversicht in ihrem Beruf haben, dann würde ich sagen, was sind diese Inhalte, die diese Menschen in der Schule besprechen werden. Da gibt es eine breite Diskussion, welche Bildungsinhalte wir im Schulwesen haben. Und wenn ich einerseits das Menschenbild vor mir habe, nach dem ich erziehen will, und die Inhalte des Bildungswesens, müsste man fragen, mit welchem Kosteneinsatz erziele ich das. Die ökonomische Frage an erster Stelle zu stellen, ist meines Erachtens eine Sünde wider dem Geist des Bildungswesens. -- Das nächste, wahrscheinlich investieren in Eltern, Vater- Kind Erlebnisse. Das Veschwinden der Väter aus der Erziehung ist die größte Tragödie der modernen Bildung. Es gehen hier so viele Rollenvorbilder verloren, dass den Kindern wirklich im Bildungsgang etwas wesentliches abgeht. Den Buben wie den Mädchen. -- Würde ich Millionen gewinnen, eine Schule zu gründen. Keine exklusive Privatschule, eine relativ normale Schule, mit einer Beindung. Dass die Lehrerinnen und Lehrer dort handverlesen sind. Den dieser Faktor Mensch ist für mich mehr und mehr der entscheidende. Ich glaube nicht mehr an die Lehrplanreform mit Papier Schere und Kleister, wo irgendetwas modernistisches hineingeschrieben wird. Man sollte Lehrer wie die antiken Philosophen mit der Lampe in der Hand suchen und die besten können dann - fast egal wie der Lehrplan ausschaut - dann auch mit den Kindern etwas erreichen.
Mikrofon / 0:18 Text
Hier stößt die Bildungsökonomie an ihre Grenzen. Effizienz und Emotion. Wie misst man Emotion? In der bildungspolitischen Diskussion wird damit gerne gespielt. Insgesamt fehlen der Bildungsökonomie immer wieder diese Daten, sagt Lorenz Lassnig vom Institut für höhere Studien.
CD-1 / 15 0:35 OT Lorenz Lassnig
Ich glaube nicht, dass Katastrophenstimmung angesagt ist. Meine Sicht ist die, das ist vielleicht nicht so wissenschaftlich begründbar, dass man nicht gut Bescheid weiß darüber. Wenn man hohe Anforderungen stellt und nicht gut bescheid weiß, dann entsteht Unsicherheit und politischer Hickhack, und gleichzeitig gibt es feste Interessenspositionen, die man aus meiner Sicht auch angreifen sollte, und dann entsteht eben die Situation die wir haben.
CD-2 / 15 1:18 ******** Mix Abendschüler
Mir war es ganz wichtig, dass ich Matura mache, ich habe schon beim Schulabbruch gesagt, ich werde diese Matura nachholen. Ich sehe es nicht als verlorene Zeit an --- verloren deshalb nicht, weil es in der Zeit, wo Schule nicht gut gelaufen ist, ich in eine andere Richtung entwickelt habe, Musik. -- Ausgewogenheit im Leben, das man Bildung hat, dass ich meine Grenzen kenne, da her und nicht weiter, dann kann ich mit mir zufrieden sein und beeinflusse nicht meine Umwelt durch schlechte Einflüsse, grantig sein. --- Der Plan bis jetzt funktioniert es super, weil man am Vormittag arbeitet, ich arbeite 8-14 Uhr, dann esse, und dann am Abend wieder in die Schule gehe, es ist hart, aber es schaut gut aus.
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