Montagabend kam der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel von seinem Türkeibesuch nach Berlin zurück und berichtete noch vom Flughafen Tegel im Heute-Journal des ZDF von der Weigerung der Türkei, deutsche Abgeordneten freien Zugang zum Bundeswehrstützpunkt Incirlik zu ermöglichen. Daher: die deutschen Soldaten werden abgezogen. Denn die Deutsche Bundeswehr wäre eine „Parlamentsarmee“.
Manuskript (ohne letzte Änderungen)
SIGNATION „Das Wort der Woche“
OT Parlamentsarmee 01 / Gabriel / ZDF / 00:15 / im ORF Pool
Wir haben versucht zu erklären, dass das nach deutschem Recht undenkbar ist. Das ist eine Parlamentsarmee. Dort wo die Bundeswehr ist, muss sie auch von deutschen Abgeordneten besucht werden können. Da das für Incirlik nicht möglich ist, werden wir die Deutsche Bundeswehr aus Incirlik abziehen.
Parlamentsarmee. „Diesen Begriff gibt es in Österreich gar nicht“, meinen manche österreichische Verfassungsrechtler „und auch in Deutschland ist er ein Kunstwort“, sagen sie, „um nicht zu sagen ein Schlagwort, zu dem nichts Sinnvolles zu sagen ist“.
Nun ja, so schlimm ist es auch wieder nicht, denn gemeint ist, dass deutsche Soldaten nur nach Zustimmung des Parlaments ins Ausland gesendet werden dürfen. Das ist natürlich auch in Österreich so – wobei sich durch die österreichische Neutralität die Beteiligungen auf Beobachtermissionen oder anderweitige Hilfsmissionen beschränken. Aber auch in Österreich muss der Einsatz von Auslandsmissionen vom Parlament bestätigt werden. Der Ministerrat schlägt vor, der Hauptausschuss des Parlaments stimmt zu. Österreichische Soldaten befinden sich derzeit im Kosovo, in Bosnien und im Libanon. – Das ist die eine Sache, geregelt im sogenannten Wehrgesetz – und ja, Oberbefehlshaber über alle Soldatinnen und Soldaten ist der Bundespräsident, das haben wir in der Schule gelernt, wobei die Befehls- und Verfügungsgewalt beim Bundesminister für Landesverteidigung und Sport liegt.
Aber sehr schnell – das heißt, weit oben im Wehrgesetz, ist dann von einer „Parlamentarischen Bundesheerkommission“ die Rede, die das Heer mit dem Parlament verbindet.
OT Parlamentsarmee 02 / 00:11 / im ORF Pool
… und da geht es im Wesentlichen darum, das Bundesheer, die Streitkräfte auch demokratisch zu kontrollieren, ob die Menschenrechte eingehalten werden, wie das Führungsverhalten ist, ob Missstände auftauchen …
Michael Hammer ist Abgeordneter zum Nationalrat und derzeit amtsführender Vorsitzender der parlamentarischen Bundesheerkommission. Seit ihrer Gründung vor rund 60 Jahren wacht diese Kommission aus Parlamentariern darüber, dass es unseren Soldaten gut geht. Kurz gefasst.
OT Parlamentsarmee 03 / im ORF Pool
Wenn irgendwo uns ein Fall zu Ohren kommt, wo man einen Missstand vermutet, dann haben wir jederzeit die Möglichkeit, an den Standort hinzufahren, und uns das vor Ort durch Befragungen durch Lokalaugenschein uns anzusehen und das amtswegig zu prüfen, bis hin ins Ausland wo wir unsere Truppen stellen und immer wieder auch amtswegige Prüfverfahren im Ausland bei unseren Soldaten machen. So waren wir gerade bei unseren Einheiten in Bosnien, wo wir uns wieder einen Überblick verschafft haben und im heurigen Jahr stehen auch noch auf dem Programm Mitte Juli ein Besuch bei unseren Soldaten, die im Libanon stationiert sind.
Parlamentarische Besuche gibt es aber auch durch die Mitglieder des Landesverteidigungsausschusses. In diesem Ausschuss des Parlaments werden alle Gesetzesvorlagen und Anträge behandelt, die sich auf die militärische Landesverteidigung und das österreichische Bundesheer beziehen. Steuern werden verteilt, Budgets werden bewilligt – im Parlament eben. Aber zurück zu Michael Hammer und der Parlamentarischen Bundesheerkommission.
OT Parlamentsarmee 04 / 00:33 / im ORF Pool
Die häufigsten Beschwerdeaufkommen sind nach wie vor im Ausbildungsbetrieb, wo unangebrachte Tonlagen zutage treten, wo einfach das Verhalten von Führungskräften nicht passt, aber deutlich im Abnehmen. Man merkt eine deutliche Verbesserung. Natürlich, was infrastrukturelle Fragen betrifft, Einteilung der Dienstpläne und, und, und. Wir beschäftigen uns auch mit der Verpflegslogistik, also, wie wird beim österreichischen Bundesheer verpflegt, wie wird gekocht, auch da wollen wir als Kommission unseren Beitrag leisten, dass man optimiert. Das ist also eine breite Palette.
—- SCHNEIDEN MÖGLICH
Im letzten Jahresbericht ist zum Beispiel auch von einem Prüfbesuch beim Tragtierzentrum am Truppenübungsplatz Hochfilzen die Rede:
ZITAT
Maßgebliche Unterstützung erhält das Tragtierzentrum von Grundwehrdienern, die in drei Turnussen pro Jahr einrücken. Sie sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hochmotiviert und unverzichtbar bei der Versorgung, Ausbildung und dem Einsatz der Tragtiere. Neben den Haflinger-Pferden werden seit kurzem auch zwei Esel ausgebildet. Sie verhalten sich in Extremsituationen nicht wie Pferde, die Fluchttiere sind. Die Stallungen und Trainingshallen des Tragtierzentrums weisen einen hohen Standard auf.
–––– SCHNEIDEN ENDE
OT Parlamentsarmee 05 / 00:10 / im ORF Pool
Wir tauschen uns auch sehr stark international aus, es gibt auch einen Zusammenschluss, wo einmal im Jahr eine internationale Tagung stattfindet, wo sich die demokratischen Aufsichtsorgane der Armeen treffen.
… und in Workshop werden dabei Fragen diskutiert, die zum Beispiel auch ehemalige Armeeangehörige betreffen:
ZITAT
Hören Sie auch von Beschwerden von Veteranen?
Werden dabei Themen der Gesundheitsvorsorge angesprochen?
Was ist die generelle Wahrnehmung von Veteranen in Ihrem Land?
Werden sie als Helden beschrieben oder mit negativen Ausdrücken bedacht?
Was würden Sie empfehlen, um die soziale Stellung von Veteranen zu verbessern?
Parlamentsarmee. Auch wenn es das Wort in Österreich vielleicht so nicht gibt: Im Vorwort zum letzten Jahresbericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission steht, dass der französische Staatsmann Georges Clemenceau einmal gemeint hat, dass das Militär viel zu wichtig sei, um es den Generälen allein zu überlassen.